Bundesfinanzhof: Kosten zur Beseitigung von durch den Mieter mutwillig verursachten Schäden sofort abziehbar - IX R 6/16

17.10.2017 22:19:33, Jürgen Auer, keine Kommentare

Wer eine Eigentumswohnung kauft, um daraus Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen: Der kann den Kaufpreis nicht sofort steuerlich geltend machen. Der Kaufpreis kann höchstens im Rahmen einer Abschreibung über einen langen Zeitraum steuerlich berücksichtigt werden. Dasselbe gilt für die sogenannten "anschaffungsnahen Herstellungskosten". Diese können nur im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung (AfA) über einen Zeitraum von 50 Jahren mit 2 Prozent pro Jahr geltend gemacht werden.

Was aber ist, wenn die Wohnung betriebsbereit und mängelfrei übernommen wurde, der Mieter jedoch anschließend für einen umfangreichen Schaden sorgt, dessen Beseitigung Kosten von etwa 1/5 des Kaufpreises verursacht?

Die Vermieterin (Klägerin) wollte diese Kosten sofort als Werbungskosten geltend machen. Das Finanzamt versagte dies. Die dagegen gerichtete Klage war vor dem Finanzgericht erfolgreich. Die vom Finanzamt dagegen eingelegte Revision hat der Bundesfinanzhof nun verworfen.
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Sofortabzug für Kosten zur Beseitigung von Schäden, die der Mieter in einer gerade erst angeschafften Wohnung mutwillig verursacht hat - Urteil vom 9.5.2017   IX R 6/16

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2017&nr=35077&pos=1&anz=62

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Der Leitsatz aus der Pressemitteilung:

> Aufwendungen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nach Anschaffung einer vermieteten Immobilie durch das schuldhafte Handeln des Mieters verursacht worden ist, können als Werbungskosten sofort abziehbar sein. In diesen Fällen handelt es sich nicht um sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“ (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--), wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 9. Mai 2017 IX R 6/16 entschieden hat.

Die Wohnung wurde 2007 gekauft. Im Folgejahr verweigerte die Mieterin fällige Nebenkosten, die Klägerin kündigte das Mietverhältnis. Bei der Übergabe der Wohnung wurden umfangreiche Schäden festgestellt, die es zum Kaufzeitpunkt noch nicht gab: Eingeschlagene Scheiben, Schimmelbefall, zerstörte Bodenfliesen. Ferner hatte die Mieterin einen Rohrbruch im Bad nicht gemeldet, das hatte zu Folgeschäden geführt.

Die Klägerin machte knapp 20.000 Euro in ihrer Einkommensteuererklärung 2008 als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend. Da die Mieterin nicht zahlungsfähig sei, könnten keine Ersatzansprüche gegen die Mieterin geltend gemacht werden. Bei etwa 100.000 Euro Kaufkosten waren das etwa 20 Prozent des Kaufpreises.

Das Finanzamt erließ zunächst 2010 einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für 2008. Da wurden die Kosten zunächst anerkannt. Im Mai 2013 gab es einen Einkommensteueränderungsbescheid, in dem der sofortige Abzug versagt wurde.

Der Bundesfinanzhof zu dem, was unter die AfA fällt:

> Zwar gehörten zu den als Herstellungskosten der AfA unterliegenden Aufwendungen nach dem Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen wie etwa sog. Schönheitsreparaturen oder auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft. Selbst die Beseitigung verdeckter --im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener-- Mängel oder die Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes „angelegter“, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte fällt hierunter.

Das gelte aber nicht für Kosten für Instandhaltungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der zum Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden war, sondern nachweislich erst später durch einen Mieter verursacht wurde. Diese Kosten seien nicht den "anschaffungsnahen Herstellungskosten" zuzurechnen. Damit zählen diese Aufwendungen zum "Erhaltungsaufwand" und sind damit als Werbungskosten sofort abziehbar.

Fazit: Wer eine vermietete und mängelfreie Eigentumswohnung kauft, der geht "gewisse Risiken" ein. Wenn nun der Mieter nach dem Kauf massive Schäden verursacht, deren Beseitigung mehr als 15 % des Kaufpreises beträgt und wenn der Mieter selbst nicht zahlungsfähig ist: Dann kann der Wohnungsinhaber diese Kosten sofort mit den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung verrechnen.

 

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