Smart Electric Urban Logistics (SEUL) - UPS will Flotte in London von 170 Fahrzeugen auf Elektroantrieb umstellen - neue Smart-Grid - Ladetechnik schafft deutlich mehr als die bislang möglichen 65 Fahrzeuge

31.03.2018 23:55:09, Jürgen Auer, keine Kommentare
UPS Switches On Smart Grid In London To Super-Charge Electric Delivery Fleet

Bildquelle: UPS - Pressematerial

Beim Elektroantrieb ist das Wiederaufladen der Fahrzeuge ein Knackpunkt: Gibt es zu wenige Ladestationen, dauert das Laden zu lange oder belastet es das vorhandene Stromnetz zu sehr, dann kann eine Ladestation nur eine begrenzte, womöglich viel zu niedrige Zahl von Fahrzeugen pro Tag aufladen.

Im Rahmen des Smart Electric Urban Logistics (SEUL) - Projektes in London scheint es nun zu einem wesentlichen Durchbruch gekommen zu sein.
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UPS Switches On Smart Grid In London To Super-Charge Electric Delivery Fleet

https://pressroom.ups.com/pressroom/ContentDetailsViewer.page?ConceptType=PressReleases&id=1521473412769-768

UPS switches on smart grid in London to super-charge electric delivery fleet

https://ciltuk.org.uk/News/Latest-News/ArtMID/6887/ArticleID/15950/UPS-switches-on-smart-grid-in-London-to-super-charge-electric-delivery-fleet

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> A UPS (NYSE:UPS) led consortium has deployed a radical new charging technology in London that overcomes the challenge of simultaneously recharging an entire fleet of electric vehicles (EVs) without the need for the expensive upgrade to the power supply grid.

Demnach gelang es, eine ganz neue Ladetechnik zu entwickeln, so daß es denkbar wird, die gesamte Flotte von Electric Vehicles (EV) quasi gleichzeitig aufzuladen, ohne daß das vorhandene Stromnetz massiv aufgerüstet werden muß.

UPS spricht vom "beginning of the end" der traditionellen Antriebe. Mit der bisherigen Ladetechnik konnten maximal 65 der vorhandenen 170 Trucks geladen werden. Also war das auch die Grenze der EV-Nutzung - 38 %.

Mit der neuen Ladetechnik sei es möglich, alle 170 Trucks immer schnell genug zu laden. Die Konsequenz: Die komplette Umstellung der Londoner Flotte auf Elektroantrieb rückt näher. Das ist ein Gemeinschaftsprojekt, das in dieser Größenordnung wohl bislang einmalig ist.

> This major advance – believed to be the first time these systems have been deployed at this scale anywhere in the world – is the result of the ‘Smart Electric Urban Logistics (SEUL)’ project with UK Power Networks and Cross River Partnership, with funding secured from the UK’s Office for Low Emission Vehicles.

Schon im vergangenen Monat wurde darüber berichtet, daß die Kosten für einzelne EVs deutlich gesunken seien. Damit

> As a result of this initiative, combined with the advances the company announced just last month in reducing the cost of electric vehicles, UPS believes the day is rapidly drawing closer when the acquisition costs to put an electric vehicle on the road, including those associated with getting power to the vehicle, will be lower than the equivalent costs of its diesel counterpart.

dürfte der Zeitpunkt nähergerückt sein, bei dem die Gesamtkosten Anschaffung + Betrieb eines EV unter den entsprechenden Kosten eines Dieselautos lägen.

Ian Smyth vom UK Power Networks Services spricht davon, daß dies über kurz oder lang Auswirkungen auf die Luftqualität in London haben dürfte.

> “We are delighted to work with UPS and our other partners to design, deliver and operate this sustainable smart-grid solution. This project will deliver a huge impact on improving the air quality for Londoners and contribute to UPS’s legacy of sustainability.”

Eine Idee ist es, Batterien gezielt zum Laden zu verwenden. Aktuell werden noch neue Batterien genutzt. Später könnten auch Batterien, die bereits in UPS EV verbaut waren, auf diese Weise ein "zweites Leben" erhalten. Teils läßt sich da auch lokal erzeugte, dezentrale Energie (Solarenergie) verwenden.

Tanja Dalle-Muenchmeyer, programme manager electric freight bei Cross River Partnership:

> “Our previous work on electric freight vehicles has shown that local grid infrastructure constraints are one of the main barriers to their large-scale uptake”

Die Einschränkungen durch die lokale Netzinfrastruktur seien bis jetzt immer eine Hauptbarriere beim Skalieren gewesen.

> “We need to find smarter solutions to electric vehicle charging if we want to benefit from the significant air quality and environmental benefits these vehicles offer, and we believe this is such a solution.”

Dafür bräuchte es smartere Lösungen: Die jetzt gefundene Lösung könnte eine sein.

Unter der Unterüberschrift "Addressing the Charging Challenge" wird das nochmals genauer ausgeführt:

> Recharging a fleet of electric vehicles can be extremely expensive as it often requires upgrades to the external power grid, an option not attractive to most businesses or operators.

Das Wiederaufladen einer Flotte benötigt - klassisch - meist eine Verstärkung der Stromnetze. Das sei meist keine Option. Deshalb waren die bislang 65 Fahrzeuge in London auch die Obergrenze. Nun geht das auf 170 hoch - ohne daß das externe Stromnetz angepaßt werden muß.

Es gibt einen zentralen Server, der mit dem Netz, allen Ladestationen und Batterien gekoppelt ist. Dann wird "intelligent geladen", so daß sich die Last über die Nacht verteilt.

> The system adopts an “intelligent” approach to charging by spreading this throughout the night so that the building can use the power it needs to run the business of logistics (lights, sortation machinery and IT) and ensure that all EVs are fully charged by the time they are needed in the morning, but at the same time never exceed the maximum power available from the grid.

Das stellt sicher, daß am Morgen alle EVs geladen sind, aber gleichzeitig nie die maximale Kapazität des Stromnetzes überschritten wird.

Eine Wirkung: Für jedes Gebäude, das als UPS-Standort fungiert, kann die beste Nutzung errechnet werden. So daß einerseits der Energiebedarf des Gebäudes gedeckt ist. Andererseits aber auch genügend Ladekapazität bereitsteht, die gesamte Flotte zu laden.

Tja: Ein interessanter Ansatz. Mal sehen, wann die Londoner UPS-Flotte endgültig auf Elektroantrieb umgestellt sein wird.

 

Brexit-Auswirkung: Britische eu-Domaininhaber können diese ab dem Brexit nicht mehr verlängern und keine neuen Domains mehr beantragen - Folgerung aus EuGH-Entscheidung C-376/11

30.03.2018 23:55:14, Jürgen Auer, keine Kommentare

Grossbritannien möchte aus der EU austreten. Dieser Brexit wird aber zu der Konsequenz führen, daß britische Bürger ab dann keine neuen eu-Domains mehr beantragen dürfen.

Ferner können bestehende eu-Domains im Besitz von Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen aus Grossbritannien nicht mehr verlängert werden. Folglich gehen sie an die ausstellende Organisation zurück.

Die Europäische Kommission hat dies am Mittwoch bekannt gegeben.
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Europe dumps 300,000 UK-owned .EU domains into the Brexit bin

https://www.theregister.co.uk/2018/03/29/eu_dumps_300000_ukowned_domains_into_brexit_bin/

Notice to stakeholders: withdrawal of the United Kingdom and EU rules on .eu domain names

https://ec.europa.eu/info/publications/notice-stakeholders-withdrawal-united-kingdom-and-eu-rules-eu-domain-names_en

Das dort verlinkte PDF: NOTICE TO STAKEHOLDERS - WITHDRAWAL OF THE UNITED KINGDOM AND EU RULES ON .EU DOMAIN NAMES

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/notice_to_stakeholders_brexit_eu_domain_names.pdf

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Die offizielle Aussage in Kurzform (Link 2):

> As of the withdrawal date, undertakings and organisations that are established in the United Kingdom but not in the EU, and natural persons who reside in the United Kingdom will no longer be eligible to register .eu domain names or, if they are .eu registrants, to renew .eu domain names registered before the withdrawal date.

Großbritannien wird mit dem Austrittsdatum ein "drittes Land" außerhalb der EU.

Neuregistrierung:

.eu-Domains dürfen nur bei einer von drei Bedingungen registriert werden:

> (i) undertakings having their registered office, central administration or principal place of business within the EU;
> (ii) organisations established within the EU (without prejudice to the application of national law); and
> (iii) natural persons resident within the EU.

Betriebe / Unternehmen, die ihren Sitz in der EU haben, Organisationen mit Sitz in der EU und natürliche Personen, die in der EU leben.

Damit sind alle Betriebe / Unternehmen, Organisationen und Personen aus Großbritannien zwangsläufig von der Registrierung von eu-Domains ausgeschlossen. Akkreditierte .eu-Registrare dürfen Anträge dieser Unternehmen, Organisationen und Personen nach dem Austrittsdatum nicht mehr annehmen.

Verlängerung:

Wenn Großbritannien aus der EU austritt, erfüllen die Domaininhaber nicht mehr die Bedingung, die sie für die Inhaberschaft von eu-Domains erfüllen müssen: In der EU zu leben oder mit Sitz tätig zu sein. Wirkung: Die Registrare

> the Registry for .eu will be entitled to revoke such domain name on its own initiative and without submitting the dispute to any extrajudicial settlement of conflicts

Die Registrierungsstelle ist berechtigt, die Domains zurückzuziehen, ohne daß das über ein Schiedsgericht läuft.

Bereits 2012 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, daß eine belgische Vermittlungsfirma nicht berechtigt sei, eine eu-Domain für ein US-Unternehmen zu registrieren.

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 19. Juli 2012

Pie Optiek SPRL gegen Bureau Gevers SA und European Registry for Internet Domains ASBL

Vorabentscheidungsersuchen der Cour d’appel de Bruxelles

Internet – Domäne oberster Stufe ‚.eu‘ – Verordnung (EG) Nr. 874/2004 – Domänennamen – Gestaffelte Registrierung – Art. 12 Abs. 2 – Begriff ‚Lizenznehmer früherer Rechte‘ – Person, der vom Inhaber einer Marke erlaubt worden ist, im eigenen Namen, aber für Rechnung dieses Inhabers einen mit der Marke identischen oder ihr ähnlichen Domänennamen zu registrieren – Keine Erlaubnis, das Zeichen auf andere Weise als Marke zu benutzen

Rechtssache C‑376/11

http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=de&jur=C,T,F&num=C-376/11&td=ALL

Urteil:

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;?text=&docid=125214&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=320018

Da hatte ein Bureau Gevers für das US-Unternehmen Walsh Optical Inc. die Domain www.lensworld.eu registriert - in eigenem Namen, aber für Rechnung des US-Unternehmens. Das belgische Unternehmen Pie Optiek SPRL wollte lensworld.eu ebenfalls, wurde aber abgewiesen, weil die Domain bereits vergeben war. Das Ganze war noch in der Sunrise-Phase der eu-Registrierung. Mit der klaren Aussage (RN 36):

> Hierzu ergibt sich aus dem sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 733/2002, dass die Domäne oberster Stufe „.eu“ geschaffen wurde, um den Binnenmarkt im virtuellen Markt des Internets besser sichtbar zu machen, indem eine deutlich erkennbare Verbindung mit der Union, ihrem rechtlichen Rahmen und dem europäischen Markt geschaffen und so den Unternehmen, Organisationen und natürlichen Personen innerhalb der Union eine Eintragung in eine spezielle Domäne ermöglicht wurde, die diese Verbindung offensichtlich macht.

Demnach können nur Unternehmen mit Sitz in der EU eu-Domains beantragen.

Laut dem ersten Link dürfte das etwa 317.000 eu-Domains betreffen, 1/10 der überhaupt registrierten eu-Domains.

Der dortige Autor regt sich zwar etwas auf, vergleicht das mit dem Erlöschen der .su (Sowjetunion) - Endung. Aber hier erlischt ja nichts. Es ist der explizite Wunsch von Großbritannien, die EU zu verlassen. Dann kann eine solche regionale Domain auch nicht mehr genutzt werden.

Denkbar wäre es, daß vertraglich eine Alternativregelung vereinbart wird. Allerdings dürften dagegen Klagen möglich sein. Angesichts der bereits vorhandenen EuGH-Entscheidung dürfte eine vertragliche Alternativregelung bei einer Klage eher kippen.

 

Bundesgerichtshof: Smartphone-App "My Taxi" darf Bonusaktion mit halbem Preis für Fahrgäste durchführen, da Fahrer behördlich festgesetzten Tarif erhält - I ZR 34/17

29.03.2018 22:15:28, Jürgen Auer, keine Kommentare

Die Personenbeförderung ist einer jener Bereiche, in dem es zwischen traditionellen Unternehmen und neuen, internetaffinen Unternehmen derzeit immer mal wieder knallt und kracht. Uber hat sich so manch eine Niederlage eingehandelt. Aber was ist mit anderen Ansätzen?

Zwischen Taxi Deutschland, die eine gleichnamige App zur Taxivermittlung anbieten, und My Taxi, die ebenfalls eine Taxiapp im Angebot haben, gab es einen Rechtsstreit.

My Taxi hatte insgesamt vier Bonusaktionen veranstaltet und dabei den Taxikunden einen Rabatt von 50 % zugesagt. Die Taxifahrer erhielten jedoch den offiziellen Tarif abzüglich einer Vermittlungsprovision von 7 %. Dagegen klagte Taxi Deutschland und forderte My Taxi zur Unterlassung auf.

Das LG Frankfurt am Main hatte der Klage stattgegeben. Das OLG Frankfurt die Berufung zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat dagegen das OLG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Also eine deutliche Korrektur der einheitlichen vorherigen Entscheidungen.
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Bonusaktionen für die Smartphone-App "My Taxi" - Urteil vom 29. März 2018 - I ZR 34/17

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&Sort=3&nr=82215&pos=0&anz=66

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Taxi Deutschland ist ein genossenschaftlicher Zusammenschluß von Taxizentralen.

> Die Klägerin beanstandet vier Bonusaktionen der Beklagten, bei denen registrierte Nutzer lediglich die Hälfte des regulären Fahrpreises zu zahlen hatten. Die andere Hälfte des Fahrpreises erhielt der Taxifahrer abzüglich Vermittlungsgebühren von der Beklagten.

Die Begründung für die Klage:

> Die Klägerin hält die Bonusaktionen für wettbewerbswidrig, weil sie gegen die Pflicht zur Einhaltung der behördlich festgesetzten Taxitarife verstießen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Dagegen der Bundesgerichtshof: Zunächst einmal ist die Beklagte (die Anbieterin der App My Taxi) kein Taxiunternehmen, damit auch kein Beförderungsunternehmen, so daß es selbst nicht den behördlichen Regelungen unterliegt. Die eigentlich involvierten Taxiunternehmen können sowohl diesen als auch andere Vermittler in Anspruch nehmen.

> Die Bonusaktionen der Beklagten verstoßen nicht gegen die tarifliche Preisbindung für Taxiunternehmer. Die Beklagte ist selbst kein Taxiunternehmer, für den die Festpreise gelten. Ihre Tätigkeit beschränkt sich auf die Vermittlung von Fahraufträgen, die von unabhängigen Taxiunternehmen selbständig durchgeführt werden. Diese Taxiunternehmen können uneingeschränkt die Dienste anderer Vermittler, wie etwa der Klägerin, in Anspruch nehmen.

Der eigentliche Kern der Begründung: Wer bekommt am Ende wieviel Geld?

> Die Beklagte haftet auch nicht als Anstifterin oder Gehilfin für Wettbewerbsverstöße der ihre Vermittlungsleistungen in Anspruch nehmenden Taxiunternehmer. Die Beteiligung der Taxiunternehmer an den Bonusaktionen der Beklagten ist mit dem Personenbeförderungsgesetz vereinbar. Die Bestimmungen der § 51 Abs. 5, § 39 Abs. 3 PBefG zur Tarifpflicht im Taxiverkehr sind zwar Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG. Der Taxiunternehmer darf keinen Nachlass auf die tariflichen Festpreise gewähren. Wird der Festpreis vollständig an ihn gezahlt, liegt jedoch kein Verstoß gegen die Tarifpflicht vor.

Zwar darf der Taxiunternehmer keinen Nachlass gewähren. Aber er gewährt den ja auch nicht, er bekommt am Ende das, was behördlich festgesetzt ist. Daß er nur einen Teil davon vom Fahrgast erhält, ist nicht relevant. Und weiter:

> Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Tarifpflicht kommt es also darauf an, ob das Vermögen des Taxiunternehmers nach Beförderung des Fahrgastes in Höhe des Festpreises vermehrt wird. Wie der Fahrgast das Entgelt finanziert, ist ohne Bedeutung. Bei den Aktionen der Beklagten erhalten die Taxiunternehmen den vollen tariflichen Festpreis. Soweit die Beklagte dabei eine Provision von 7% des Fahrpreises abzieht, handelt es sich um eine zulässige Vergütung ihrer Vermittlungsleistung.

Die 7 % Provision sind unschädlich.

Es gibt einen Markt für Taxivermittlungstätigkeiten: Aber solange es da genügend Marktteilnehmer gibt, muß da nichts eingeschränkt werden.

> Solange den Taxiunternehmen ausreichende Vermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, besteht kein Grund, den Wettbewerb im Bereich der Taxivermittlung im Interesse der Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs einzuschränken.

Schließlich käme auch keine gezielte unzulässige Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG in Betracht. Es sei zwar verboten, Dienstleistungen nicht kostendeckend zu erbringen. Aber das gilt nur, falls das zur Verdrängung von Mitbewerbern erfolgt. Da das aber nur in wenigen Großstädten und nur zeitlich begrenzt durchgeführt wurde, sei das unschädlich.

Von Taxi-Deutschland gibt es unter

Taxi Deutschland vs. Mytaxi

http://taxi-deutschland.net/presse/

eine Stellungnahme: BGH-Urteil: 50%-Rabatte von Mytaxi verstoßen nicht gegen Tarifpflicht, Gericht sieht auch keine Verdrängungsabsicht

http://taxi-deutschland.net/presse/PM_2018-03-29_Statement_zum_BGH-Urteil_Mytaxi.pdf

Da wird Dieter Schlenker, Vorstandsvorsitzender der Taxi Deutschland eG zitiert:

> Die von Mytaxi gewährten hohen Fahrpreisrabatte müssen am Ende von den Taxiunternehmen über die an Mytaxi zu zahlenden Vermittlungsgebühren getragen werden. Wenn die örtlichen Taxigenossenschaften erst einmal vom Markt verdrängt sind, hat Mytaxi freie Bahn, die Vermittlungsgebühren willkürlich festzusetzen. Bereits in der Vergangenheit hat Mytaxi versucht, Vermittlungsprovisionen von bis zu 30% des Fahrpreises einzuführen.

Weiter aus der PM:

> Die Richter haben verkannt, dass die aggressive Marktstrategie von Mytaxi geradezu darauf angelegt ist, die alternativen Vermittlungsmöglichkeiten für die Taxiunternehmen auszuschalten. Wenn ein Eingreifen des Wettbewerbsrechts erst möglich sein soll, wenn keine ausreichenden Vermittlungsmöglichkeiten mehr bestehen, ist es zu spät. Die von den vielen Kleinstunternehmen getragenen genossenschaftlichen Zusammenschlüsse werden dann vom Markt verdrängt sein. Weder die Taxiunternehmen noch die Fahrgäste werden davon profitieren.

Taxi-Deutschland befürchtet also erst eine massive Verdrängung durch solche Aktionen und spätere drastische Erhöhungen der Vermittlungsprovision, wenn alle anderen Marktteilnehmer weg seien. Persönlich wundert mich das doch etwas, das sieht mir nach einem mangelnden Selbstbewußtsein aus. Schließlich hat der Taxifahrer zumindest nicht mehr Geld. Auch die in Taxi Deutschland zusammengeschlossenen Taxizentralen werden den Fahrern einen gewissen Prozentsatz für ihre Tätigkeit abziehen.

Bei MyTaxi

https://de.mytaxi.com/presse.html

fand sich zwar auch eine Rubrik "Presse". Aber da ist die letzte Mitteilung von 2014.

Fazit: Solange die Taxifahrer den behördlich festgesetzten Tarif abzüglich einer gewissen Vermittlungsgebühr erhalten, sind solche Rabattaktionen zulässig. Da My Taxi nur vermittelt, handelt es sich auch nicht um einen ruinösen Wettbewerb zwischen Taxifahrern.

Interessant ist das Verhältnis von diesem Urteil zum EuGH-Urteil zu Uber:

Europäischer Gerichtshof: Uber ist nicht als Informationsdienstleister, sondern als Verkehrsdienstleistung einzuschätzen - Urteil mit weitreichenden Folgen - C-434/15

https://blog.server-daten.de/de/2017-12-20/Europaeischer-Gerichtshof--Uber-ist-nicht-als-Informationsdienstleister--sondern-als-Verkehrsdienstleistung-einzuschaetzen---Urteil-mit-weitreichenden-Folgen---C-434-15-120

Uber wäre über einen solchen Status, wie ihn nun My Taxi hat, wohl sehr glücklich. My Taxi dürfte nach diesem Urteil im EuGH-Sinne als Anbieter von Informationsdienstleistungen, nicht aber als Anbieter von Verkehrsdienstleistungen einzustufen sein. Uber mischt sich massiv offline in die Interaktion zwischen Taxigast und Taxifahrer ein. Dieser Offline-Bezug fehlt wohl bei My Taxi.

 

Nicht gekennzeichnete Werbung - 90 Prozent aller Affiliate Posts auf YouTube und Pinterest sind für Nutzer nicht gekennzeichnet - Studie der Princeton University

28.03.2018 22:50:23, Jürgen Auer, keine Kommentare

Werbung muß als Werbung gekennzeichnet sein. Das ist die Rechtslage sowohl in Deutschland als auch in den USA. Praktisch unterbleibt das aber im Internet häufig.

Die Princeton University hat sich nun in einer Studie mit der Frage beschäftigt, wie häufig das auftritt. Betrachtet wurden Affiliate Posts auf YouTube und Pinterest.

Das Ergebnis: Bei 90 Prozent der Posts mit Affiliate Links gab es keinen Hinweis darauf, daß mit den Klicks Geld verdient wird.
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90 percent of affiliate ads on YouTube and Pinterest aren’t disclosed, says study - The paper analyzed over 500,000 YouTube videos and 2.1 million unique pins on Pinterest

https://www.theverge.com/2018/3/27/17167006/princeton-university-research-affiliate-links-sponsored-posts-youtube-pinterest

Das PDF (7 Seiten) mit der Zusammenfassung der Studie: An Empirical Study of Affiliate Marketing Disclosures on YouTube and Pinterest

https://arxiv.org/pdf/1803.08488.pdf

Die drei Studienautoren: Arunesh Mathur, Arvind Narayanan, Marshini Chetty

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Zunächst fällt auf, daß die Quote dieser Werbung relativ gering ist:

0,67 Prozent der über 500.000 analysierten Videos hatten Affiliate Links, das waren absolut 3.472 Videos.

0,85 Prozent der etwa 2,1 Millionen betrachteten Pins auf Pinterest hatten diese, absolut 18.237 Pins.

Nur 10 Prozent davon waren irgendwie als Werbung markiert. Interessant ist, daß das Userengagement bei diesen Beiträgen immer höher lag als der Schnitt.

Die Zahlen in der Studie sind leicht abweichend: 10,49% der YouTube-Beiträge waren als Werbung gekennzeichnet. Nur 7,03% der Pinterest-Pins.

Es gab drei wesentliche Arten der Kennzeichnung:

- #affiliatelink

- Erklärungen der Form: “This video contains affiliate links, which means that if you click on one of the product links, I’ll receive a small commission”

- Oder Hinweise im Support Channel: “AMAZON LINK: (Bookmark this link to support the show for free!!!”)

In den USA ist die Federal Trade Commission (FTC) dafür zuständig. Diese sagt, die bloße Kennzeichnung als Werbung oder als #sponsored zu wenig sei. Publisher sollten einen kurzen Satz dazu schreiben, der das erläutert.

Diese Erklärungen gibt es aber in den allermeisten Fällen nicht:

> In fact, Explanation disclosures — which the FTC recommends — only appear in 1.82% and 2.43% of affiliate content on YouTube and Pinterest respectively.

Grade mal 1,82 % (Videos) bzw. 2,43 % (Pins) der Affiliate Links sind im FTC-Sinne hinreichend gekennzeichnet.

Eigentlich gibt es mindestens auf YouTube Regeln dafür:

Paid product placements and endorsements

https://support.google.com/youtube/answer/154235?hl=en

Demnach muß das explizit angehakt werden, damit YouTube darüber informiert wird:

> If you do, we require you to notify YouTube by checking the "video contains paid promotion" box in your Advanced Settings using the instructions below.

Etwas ähnliches gibt es auf Instagram:

Branded Content auf Instagram

https://help.instagram.com/116947042301556

Die obige Untersuchung spricht davon, daß solche "Disclosure Tools" ein Schritt in die richtige Richtung seien. Da könnten die Plattformen aber noch so manches ausbauen.

Ferner hoffen die Studienautoren, daß es bsp. Browsererweiterungen geben könnte, die Affiliate Links direkt anzeigen könnten.

Man könnte natürlich auch fragen: Warum zeigen das Browser nicht schon gleich an?

Die Studie führt genauer aus, daß der Federal Trade Commission eine bloße Kennzeichnung als Affiliate-Link nicht ausreichen würde, weil dies die meisten Nutzer nicht verstehen würden. Deshalb schlägt sie solche Sätze wie

> I get commissions for purchases made through links in this post

vor.

Die Seite mit den genauen Hinweisen:

The FTC’s Endorsement Guides: What People Are Asking

https://www.ftc.gov/tips-advice/business-center/guidance/ftcs-endorsement-guides-what-people-are-asking

Die Plattformen: Wenn die Social-Media-Plattformen bsp. Tweets auf 280 Zeichen und Texte zu Pins auf 500 Zeichen beschränken, dann könnten sie solche Beiträge direkt markieren. Schließlich "sieht" die Plattform ja, wie der Link aussieht und wo der hingeht.

Rolle der Unternehmen: Acht Unternehmen

> Amazon, AliExpress, Commission Junction, Rakuten Marketing, Impact Radius, Reward-Style, ShopStyle and ShareASale

wurden näher betrachtet. Von diesen bezogen sich lediglich Amazon und ShopStyle explizit auf die FTC-Empfehlungen. Sprich: Eigentlich müßten diese Unternehmen ihre Werber deutlicher auf diese Verpflichtung hinweisen.

Würde man so eine Untersuchung mit deutschen Beiträgen machen, sähe das womöglich nicht allzuviel anders aus.

 

Google rollt das mobile-first indexing aus - bei Sites mit mobiler und Desktop-Variante wird primär die mobile Variante berücksichtigt - Nachricht in der Google Search-Console beim Umzug

27.03.2018 22:54:07, Jürgen Auer, keine Kommentare

So, nun ist es soweit: Google hat gestern bekannt gegeben, daß nun das mobile-first indexing gestartet wird. Nach 1,5 Jahren sowie nach diversen Tests.

Genauer gesagt: Websites, die den "best practices" für das mobile Indexieren folgen, sollen schrittweise auf das mobile-first indexing umziehen.
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Rolling out mobile-first indexing

https://webmasters.googleblog.com/2018/03/rolling-out-mobile-first-indexing.html

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Der wesentliche Punkt dabei: Google erhält inzwischen die meisten Suchanfragen von mobilen Geräten. Die mobile Suche wird häufiger genutzt als die Desktopsuche. Wobei Google Tablets nicht zu den mobilen Geräten zählt. Es geht also weniger um die technische Anbindung, mehr darum, wie groß der zur Verfügung stehende Bildschirm ist.

Das Problem:

> To recap, our crawling, indexing, and ranking systems have typically used the desktop version of a page's content, which may cause issues for mobile searchers when that version is vastly different from the mobile version. Mobile-first indexing means that we'll use the mobile version of the page for indexing and ranking, to better help our – primarily mobile – users find what they're looking for.

Die bisherige Logik ist besonders dann kritisch, wenn es von einer Website zwei Varianten gibt: Eine Desktop- und eine mobile Variante. Etwa www.example.com und m.example.com.

Dann zog Google die www.example.com für die Bewertung heran, erstellte daraus bsp. das angezeigte Snippet. Doch dann ruft der Nutzer die Seite mit einem mobilen Gerät auf und wird auf die mobile Seite weitergeleitet. Und diese enthält sehr viel weniger Text. Das, was für den Nutzer womöglich wichtig war, fehlt.

Stattdessen wird - beim mobilen Index - bei so einer Doppelseite die mobile Variante indexiert. So daß der mobile Nutzer die Inhalte, die er auf der mobilen Website findet, bereits in der Google-Vorschau sieht.

Es gibt also nicht zwei verschiedene Indices - hier der mobile, dort der für die Desktop-Version. Sondern der - einzige - Index wurde bislang mit den Desktop-Versionen gefüllt, nun sollen die mobilen Versionen den Index auffüllen. Das wird aber nicht "in einem Rutsch für alle Websites auf einmal" gemacht. Sondern schrittweise.

Was auch bedeutet: Das Spidern wird aufwendiger, weil Google inzwischen bsp. CSS beim mobilen Index berücksichtigt. Da taucht der Smartphone-Googlebot mit seinem langen Useragent

> Mozilla/5.0 (Linux; Android 6.0.1; Nexus 5X Build/MMB29P) AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko) Chrome/41.0.2272.96 Mobile Safari/537.36 (compatible; Googlebot/2.1; +http://www.google.com/bot.html)

auf.

Wer die Google Search-Console nutzt, soll einen Hinweis erhalten:

> We are notifying sites that are migrating to mobile-first indexing via Search Console.

Eine Folge ist, daß der Google-Cache die mobile Version anzeigen wird.

Auf einer weiteren Seite

Best practices for mobile-first indexing

https://developers.google.com/search/mobile-sites/mobile-first-indexing

werden die Konsequenzen erläutert: Wer bis jetzt nur eine Desktop-Variante hat oder wer bereits responsives Webdesign nutzt (also ein Design, das sich der Gerätebreite anpasst, so daß derselbe Inhalt auf allen Geräten verwendbar ist), der muß nichts machen:

> No change. The mobile version is the same as the desktop version.

Ebenso, wer nur AMP-Seiten nutzt.

Anders ist das für jene Websites, die getrennte Urls haben oder "Dynamic Serving" nutzen, also in Abhängigkeit vom Browser unter derselben Url verschiedene Inhalte ausliefern. Bei ersteren werden nun die mobilen Urls bevorzugt gespidert. Beim "Dynamic Serving" wird bevorzugt auf die mobile Variante zugegriffen.

Mit der Konsequenz: Wenn die mobile Variante weniger Content ausliefert, könnte das zu Nachteilen führen.

> Your mobile site should contain the same content as your desktop site. If your mobile site has less content than your desktop site, you should consider updating your mobile site so that its primary content is equivalent with your desktop site. This includes text, images (with alt-attributes), and videos – in the usual crawlable and indexable formats.

Praktisch heißt das: Wer verschiedene Urls oder dynamic Serving nutzt, macht sich das Leben nur selbst schwer. Weil man dann die beiden Varianten aufeinander abstimmen muß, obwohl responsives Webdesign eigentlich dasselbe leisten sollte.

Wichtig: Das soll in "Wellen" umgesetzt werden.

> Sites that are not in this initial wave don’t need to panic. Mobile-first indexing is about how we gather content, not about how content is ranked.

Wer bei der ersten Welle nicht dabei ist, der möge keine Panik bekommen. Es geht nicht um das Ranking, sondern darum, wie Google Content sammelt. Sowie:

> Moreover, if you only have desktop content, you will continue to be represented in our index.

Allerdings: Die Aussage mag technisch stimmen. Aber wenn eine Website mobil nicht verwendbar ist, etwa weil sie nicht

> <meta name="viewport" content="width=device-width, initial-scale=1.0" />

nutzt, so daß Nutzer ständig reinzoomen müssen und dann nach rechts scrollen müssen, weil die Website mit statischen Breiten arbeitet: Dann werden die mobilen Nutzer die Flucht ergreifen.

Das stellt auch Google fest:

> Having said that, we continue to encourage webmasters to make their content mobile-friendly. We do evaluate all content in our index -- whether it is desktop or mobile -- to determine how mobile-friendly it is.

Seiten sollten mobile-friendly sein. Das wird inzwischen eben auch geprüft. Ebenso, wie die Geschwindigkeit ein Kriterium ist. Endlos überladene Desktop-Seiten, die Unmengen an eingebundenen Dateien nachladen (womöglich ohne Caching) oder die mit riesigen Bildern bestückt sind: Das ist mobil schlecht.

Wer weitere Fragen zu diesen Themen hat, kann sich im Google-Webmaster-Forum

https://productforums.google.com/forum/#!forum/webmaster-de

melden.

Zu meinen eigenen Websites habe ich bislang auch noch keine Nachricht in der Google Search-Console erhalten. Obwohl bsp. der hiesige Blog fleißig von Google mit beiden Googlebots besucht wird.

 

Staatliche Mitarbeiter in Seoul / Südkorea sollen durch PC-Ausschalten an zuviel Arbeit gehindert werden - 67 Prozent wollen Ausnahmegenehmigung

26.03.2018 23:55:57, Jürgen Auer, keine Kommentare

In Südkorea liegt die durchschnittliche Arbeitszeit pro Jahr bei 2739 Stunden im Jahr. Das sind 7,5 Stunden pro Tag - bei einer Sieben-Tage-Woche. Nimmt man eine Fünf-Tage-Woche an, dann wären das etwa 10,5 Stunden pro Tag. Ohne Urlaubsberücksichtigung.

Die Behörden wollen nun gegensteuern. Und zwar so, daß es Zwangsabschaltungen der Computer gibt. Allerdings nur für die Behördenmitarbeiter in Seoul.

Wobei das in drei Phasen ausgerollt werden soll: In der ersten Phase sollen immer am Freitag die PCs um 20:00 ausgeschaltet werden. Beginnend am 30.03, der ja in Deutschland Karfreitag, also frei ist.

Im April sollen am zweiten und vierten Freitag die PCs um 19:30 gestoppt werden. Ab Mai soll dann freitags immer um 19:00 Feierabend sein.

Die Abschaltung soll es also nur am Ende der Arbeitswoche geben.
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South Korea to shut off computers to stop people working late

http://www.bbc.com/news/world-asia-43497017

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Es solle eine "culture of working overtime", eine Kultur des Zuviel-Arbeitens gestoppt werden. Oder auch eine "Kultur der Überstunden", die gestoppt werden solle.

Eigentlich hätte das für alle Mitarbeiter gelten sollen. Nur:

> However, not every government worker seems to be on-board - according to the SMG, 67.1% of government workers have asked to be exempt from the forced lights-out.

67,1 % hatten nach einer Ausnahmegenehmigung gefragt. Die Mehrheit will lieber arbeiten.

SMG ist die Abkürzung für "Seoul Metropolitan Government". Auf der dortigen Website

http://english.seoul.go.kr/

findet sich leider kein Hinweis.

Der Artikel verweist darauf, daß erst in diesem Monat ein Gesetz verabschiedet wurde, das die maximale wöchentliche Arbeitszeit von 68 Stunden auf 52 Stunden reduziert. 68 Stunden - das sind 10 Stunden pro Werktag und je 9 Stunden am Samstag und am Sonntag.

Wobei die 52 Stunden bedeuten, daß 40 Stunden die Normalarbeitszeit sind und maximal 12 Überstunden zulässig sind.

Eine kurze Suche brachte diesen Text von 2015 zum Vorschein:

Aufwachen!

https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2015/faulheit/aufwachen

Demnach dehnen Mitarbeiter die Zeit teils extrem aus, sind unterbeschäftigt und machen tausend andere Dinge. Ferner gibt es eine lange Tradition gemeinsamer abendlicher Kneipentouren - mit "intensivem Alkoholgenuß" namens „Hui-Sik“. Die werden von den Unternehmen bezahlt - durch drei verschiedene Bars geht es. Ergebnis: Die Mitarbeiter sind am nächsten Tag bis zum Mittag ohnehin nicht einsatzfähig - aber natürlich trotzdem im Unternehmen. Neue Mitarbeiter fühlen sich verpflichtet, daran teilzunehmen, weil nur über diese Beziehungen Karriere möglich sei. Inzwischen würde sich das aber langsam ändern.

Wobei es das Zwangsabschalten am Freitagabend ausschließt, daß es in den staatlichen Büros solche Hui-Sik geben dürfte.

Von dem Südkoreaner Byung-Chul Han, Professor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin, gibt es ein Buch namens "Müdigkeitsgesellschaft", das die dortige Kultur beschreibt.

Wer dort um 18:00 das Büro verläßt, der muß so tun, als würde er sich schlecht fühlen. Und das möglichst dann machen, wenn der Chef grade nicht da sei.

Inzwischen gibt es auch eine "neue Regel" namens 119: Nur noch eine Bar, nur noch eine Sorte Alkohol. Und um 21:00 muß Schluß sein, sonst bezahlt das Unternehmen den Hui-Sik-Abend nicht mehr.

Laut

VERSPRECHEN EINGELÖST : Südkorea verkürzt die Wochenarbeitszeit – auf 52 Stunden

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/suedkorea-verkuerzt-die-wochenarbeitszeit-auf-52-stunden-15469719.html

war die Reduktion der Wochenarbeitszeit ein Wahlversprechen, das nun umgesetzt wurde. Die 68 Stunden davor hießen 40 Arbeitsstunden, 16 Stunden am Wochenende und 12 Überstunden. Die Wochenendarbeit ist damit also gestrichen. Die tägliche maximale Arbeitszeit läge damit bei knapp über 10 Stunden pro Tag.

Etwas erinnert das an das Vorhaben des japanischen Unternehmens Taisei: Das will Mitarbeiter mit Drohnen nach Hause jagen. Die Drohne soll "Auld Lang Syne" spielen.

Auld Lang Syne - Drohnen-Technik als Antwort auf drohendes karoshi - japanisches Unternehmen Taisei will zu lange arbeitende Mitarbeiter mit Drohne und Musik nach Hause treiben

https://blog.server-daten.de/de/2017-12-18/Auld-Lang-Syne---Drohnen-Technik-als-Antwort-auf-drohendes-karoshi---japanisches-Unternehmen-Taisei-will-zu-lange-arbeitende-Mitarbeiter-mit-Drohne-und-Musik-nach-Hause-treiben-118

Beim Stromabschalten gäbe es ohnehin das Risiko, daß womöglich Computer beschädigt werden. Wenn, dann müßte man die Computer im Unternehmensnetz zwangsweise herunterfahren.

 

Arborescence - ein Haus wie ein Baum - der Gewinner der internationalen Wettbewerbs "Image Angers" in Angers / Frankreich - von Crespy & Aumonts Architects und WY-TO

25.03.2018 23:56:13, Jürgen Auer, keine Kommentare

Kann ein Haus wie ein Baum aussehen? Und dabei großzügig begrünt werden, so daß von daher die "Wahrnehmung als Baum" naheliegt?

In Angers im Westen von Frankreich gab es einen internationalen Wettbewerb "Image Angers". Der erste Preis ging an eine Blockrandbebauung, die man hier in Berlin mit Sicherheit "klassisch", also als großen, kompakten Riegel ausgeführt hätte.

Ganz anders das Projekt Arborescence des Architekturbüros Crespy & Aumonts Architects und WY-TO von Paris und Singapur.

Arborescence heißt "Baumstruktur". So ähnlich sieht die markante Eckbebauung des Gebäudes auch aus.
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crespy & aumont architectes and WY-TO's tree-like structure blends city and nature

https://www.designboom.com/architecture/crespy-aumont-architectes-wyto-tree-structure-city-nature-03-22-2018/

Die Kandidatenseite beim Wettbewerb: ARBORESCENCE

http://imagine.angers.fr/candidat/arborescence/

Die Projektseite bei WY-TO: Arborescence

http://www.wy-to.com/portfolio/arborescence/

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Laut letzterem soll das Projekt sehr vielfältig genutzt werden: 90 Seniorenapartments, 15 Wohneinheiten, Büros mit Co-Working-Spaces, ein Gesundheitszentrum für Kinder, ein Restaurant, ein Swimming Pool und Fitnessräume sowie kommunale Grünanlagen.

> a mixed-use project for a new urban development

Eine Mischnutzung für eine neue städtische Entwicklung.

Von dem Block werden drei Seiten bebaut. Innen ergibt sich ein großzügiger Innenhof. Die markante Baumstruktur steht an einer Ecke.

Die flacheren Teile umfassen 4 Stockwerke. Die Baumstruktur hat 11 Stockwerke. Immer mit weit ausladenden Balkonen, die großzügig mit Grün bepflanzt sind.

Wobei man vom Innenhof bald mehr Grün sieht als von außen her.

Ferner sind die Dächer der flacheren Bebauung ebenfalls grün und mit Bäumen bepflanzt. So daß zwar Boden bebaut und damit versiegelt wird. Insgesamt aber bald mehr Grünflächen als bisher erzeugt werden dürften. Weil eben die bepflanzten und übereinandergestapelten Balkone weitere Flächen zur Verfügung stellen.

Richtig interessant sind einige Skizzen, die zeigen, wie die Blockrandbebauung mit einem großen Würfel an der Ecke in die tatsächliche Struktur transferiert wurde.

Hier in Berlin hätte man das natürlich als Blockrandbebauung genau so gebaut.

Auf der WY-TO - Seite gibt es eine animierte Grafik, die das Verhältnis von umlaufendem Balkon zur Nutzfläche drinnen zeigt.

Ferner Luftaufnahmen des Grundstücks.

Wobei einige der anderen Wettbewerbsteilnehmer

http://imagine.angers.fr/laureats/

ebenfalls Projekte eingereicht haben, bei denen viel Grün auf den Häusern zu finden ist.

Jedesmal, wenn ich solche Projekte sehe, frage ich mich, warum es so etwas nicht schon längst hier in Berlin gibt.

 

Bundesgerichtshof: Teileigentümergemeinschaft muss erst über Änderungen entscheiden, bevor einzelne Teileigentümer Einheiten zu anderen Zwecken nutzen - V ZR 307/16

24.03.2018 23:54:35, Jürgen Auer, keine Kommentare

Mehrere Personen bilden gemeinsam eine Teileigentümergemeinschaft an einem Gebäude. Dieses ist zur beruflichen und gewerblichen Nutzung bestimmt.

Wenn nun eine der Personen seine Einheit für private Zwecke, nämlich zur Vermietung nutzen möchte: Darf er das einfach machen?

Oder muß er erst - gegebenenfalls im Wege einer Klage - die Zustimmung der Teileigentümergemeinschaft einholen?

Der Bundesgerichtshof hat so einen Fall entschieden. "Einfach ändern" geht nicht. Erst muß die Zustimmung vorliegen. Die Fragestellung dürfte für diverse Teileigentümergemeinschaften relevant sein.
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Nutzung einer Teileigentumseinheit im "Ärztehaus" zu Wohnzwecken?

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&Sort=3&nr=82026&pos=0&anz=61

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Der Sachverhalt im Raum des AG Dachau: Das Gebäude dürfte damals wohl erbaut worden sein, hat also ein Alter von 25 Jahren.

> Nach der Teilungserklärung von 1989/1990 dient das aus sieben Einheiten bestehende Gebäude "zur beruflichen und gewerblichen Nutzung". Die Einheiten dürfen "ausdrücklich beruflich oder gewerblich, insbesondere auch als Apotheke oder Arztpraxis genutzt werden".

Zunächst funktionierte das wie gedacht:

> Nach der Aufteilung befanden sich zunächst in sechs Einheiten Arztpraxen, die siebte diente als Apotheke. Der Beklagte ist Eigentümer einer der ursprünglichen Arztpraxen.

Aber dann gab es einen Neubau:

> Im Jahr 2013 wurde in unmittelbarer Nähe zu der Anlage ein großes Ärztehaus errichtet. Die Mieter des Beklagten kündigten das Mietverhältnis. Aktuell werden nur noch drei Einheiten als Arztpraxen genutzt. Die Apotheke wurde zu einem Teil an ein Büro für Tierschutzhilfe vermietet und steht im Übrigen leer. In einer der ehemaligen Arztpraxen befindet sich eine Schülernachhilfe. Der Beklagte teilte seine Einheit auf, baute sie um und vermietete beide Teile als Wohnraum.

Daraufhin klagten mehrere Teileigentümer auf Unterlassung. Das AG Dachau hatte die Klage abgewiesen. Das LG München I hatte der Klage stattgegeben. Revision wurde vom Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Revisionsentscheidung bestätigte die LG-Entscheidung, allerdings aus deutlich anderen Gründen.

Zum einen steht den Klägern ein Unterlassungsanspruch zu. Das Haus war für die berufliche Nutzung gedacht, das ist die "vorgesehene Nutzung". Von dieser weicht eine Nutzung als Wohnraum deutlich ab.

> In einem solchen Gebäude ist die Wohnnutzung bei typisierender Betrachtung regelmäßig schon deshalb störender als die vorgesehene Nutzung, weil sie mit typischen Wohnimmissionen (wie Küchengerüchen, Freizeit- und Kinderlärm oder Musik) sowie einem anderen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums (etwa im Flur herumstehenden Gegenständen) einhergeht und zu anderen Zeiten - nämlich ganztägig und auch am Wochenende - erfolgt.

Dagegen steht das berechtigte Interesse der Teileigentümer:

> Die Teileigentümer haben ein berechtigtes Interesse daran, dass der professionelle Charakter einer derartigen Anlage erhalten bleibt, um Konflikte, die durch eine in der Teilungserklärung nicht angelegte gemischte Nutzung hervorgerufen werden können, von vornherein zu vermeiden.

Allerdings hat der Teileigentümer, der eine private Nutzung wünscht, einen Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung. Da wich der Bundesgerichtshof vom LG-Urteil ab.

> Mit der Kodifizierung des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber die Hürden an die Anpassung der Gemeinschaftsordnung bewusst etwas absenken wollen.

Der beklagte Teileigentümer hatte geltend gemacht, daß an eine gewerbliche Vermietung kaum mehr zu denken sei. Das Gebäude ist wohl gegenüber dem Neubau nicht mehr konkurrenzfähig. Damit wird er an der wirtschaftlichen Verwertung gehindert. Da hätte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Ferner hätte konkret geklärt werden müssen, was für Nachteile für die Kläger entstehen, um eine Abwägung zwischen den verschiedenen Interessen zu treffen. Aktuell werden drei Arztpraxen nicht mehr im ursprünglichen Sinne genutzt. Auch das wirkt sich negativ auf das Gebäude aus.

Entscheidend ist nun aber die Reihenfolge. Erst bauen und dann verklagt werden geht nicht.

> Selbst wenn nämlich ein Anpassungsanspruch gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG bestehen sollte, müsste der Beklagte diesen zunächst im Wege der Klage durchsetzen. Er darf ihn nicht im Wege der Einrede gegen den Unterlassungsanspruch geltend machen.

Das sei eine bis jetzt offene Frage gewesen.

> Diese Frage war bislang umstritten. Der Bundesgerichtshof hat nun geklärt, dass berechtigte Anpassungsbegehren erst in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden müssen, damit klar und eindeutig ist, welche Vereinbarungen für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten.

Denn selbst wenn jetzt ein Gutachten zu dem Schluß käme, daß die Teileinheit nicht mehr als Arztpraxis vermietbar sei, würde die bisherige Gemeinschaftsordnung weiterbestehen. Es würde sich aus einer solchen Ablehnung der Klage kein Anpassungsanspruch an die Gemeinschaftsordnung ergeben.

Ferner würde eine solche Lösung die anderen Eigentümer in die Rolle der Kläger drängen. Stattdessen gilt:

> Grundsätzlich muss aber derjenige, der gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer die Anpassung der Nutzungsregelung erreichen will, eine darauf gerichtete Klage erheben; die neue Nutzung darf er erst dann aufnehmen, wenn er ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten erstritten hat.

Bis zu einem solchen Urteil gelten die bisherigen Regeln. Andere Nutzungen haben zu unterbleiben.

Praktisch heißt dies: Der beklagte Teileigentümer muß seinen Mietern wieder kündigen und kann das - nun umgebaute - Teileigentum erst einmal nicht nutzen.

Einfach ist das, wenn das ganze Haus nur einen Eigentümer hat. Aber solche Teileigentümergemeinschaften können schwierig werden. Da hat man ein Eigentum. Und kann aufgrund der geänderten Situation in der Umwelt keine Einnahmen mehr erzielen.

 

Internet Security Threat Report 2018 (ISTR - Symantec) - Zuwachs beim Cryptojacking - unbemerktes Cryptocurrency-mining, Preisverfall bei Ransomware - Hauptrisiko Phishing

23.03.2018 23:42:46, Jürgen Auer, keine Kommentare

Bei Kryptowährungen gab es in den letzten Quartalen immer wieder deutliche Kursgewinne. Das führt nun bei Schadsoftware dazu, daß Ransomware (= Verschlüsselungs- und Erpressungssoftware) für Hacker immer uninteressanter wird. Eigenes Schürfen kostet Strom, also läßt man andere schürfen.

Die Wirkung: Bei Ransomware gibt es einen Preisverfall: Die geforderten Summen hatten sich von 1077 Dollar 2016 auf 522 Dollar 2017 fast halbiert.

Stattdessen wird versucht, Nutzern Software unterzujubeln, mit der Kryptowährungen (Bitcoin, Monero) geschürft werden können. Der Königsweg: Das auf Websites einschleusen, so daß das Cryptocurrency-mining betriebssystemunabhängig funktioniert und zum Browser mining wird.

Das sind zwei der wesentlichen Punkte aus dem aktuellen Internet Security Threat Report von Symantec, der die Entwicklung von Schadsoftware im vorigen Jahr beschreibt.
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Ein Blogbeitrag: ISTR 23: Insights into the Cyber Security Threat Landscape

https://www.symantec.com/blogs/threat-intelligence/istr-23-cyber-security-threat-landscape

2018 Internet Security Threat Report

https://www.symantec.com/security-center/threat-report

Ein vierseitiges PDF:

Executive Summary - 2018 Internet Security Threat Report ISTR

https://www.symantec.com/content/dam/symantec/docs/reports/istr-23-executive-summary-en.pdf

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Neue Malware: 92 % Anstieg bei neuen Downloader-Varianten.

80 % Anstieg bei neuer Malware für den Mac.

Und ein Anstieg von 8.500 % bei Coinminern. Der Vorteil: Relativ wenig Code genügt.

> With a low barrier of entry—only requiring a couple lines of code to operate—cyber criminals are using coinminers to steal computer processing power and cloud CPU usage from consumers and enterprises to mine crypto currency.

In absoluten Zahlen:

> Detections of coin miners on endpoint computers increased by 8,500 percent in 2017, with Symantec logging 1.7 million in December alone.

1,7 Millionen Fälle alleine im Dezember. Die Risiken: Geräte werden deutlich langsamer, Batterien werden schneller leer. Teils gehen die Angriffe aber auch schon gegen Rechenzentren. So daß sich die Stromkosten erhöhen.

Deutlich zugenommen haben sogenannte Supply Chain Attacken: Es wird versucht, Updateprozesse von Software zu kapern. Mit dem Ergebnis, daß alle Unternehmen, die diese Software verwenden, gehackt werden können. Da gab es 2015 und 2016 4 Angriffe pro Jahr. Das ging hoch auf 10. Etwa Petya/NotPetya in der Ukraine. Oder auch WordPress-Hacks. In dem Blogbeitrag gibt es eine Grafik mit allen insgesamt 18 beobachteten Fällen.

Damit können auch Unternehmen gehackt werden, die eigentlich relativ gut abgeschottet sind.

Bei Ransomware ging zwar die Zahl der Varianten um 46 % hoch. Aber die Zahl der "Codefamilien" sank. Da zu viele Leute nicht zahlten, wurde das uninteressanter, die Kriminellen wechseln lieber zum Cryptocurrency-mining.

Bei der mobilen Malware gab es einen Anstieg von 17K (2016) auf 27K (2017) bei den mobilen Malware-Varianten. 24K gefährliche mobile Apps wurden jeden Tag blockiert.

Ein wesentliches Problem: Alte Android-Versionen. Nur etwa 20 % nutzen die neueste Hauptversion, nur 2,3 % die neueste Minor-Variante.

Ferner stieg die Zahl der mobilen "Grayware Apps":

> apps that aren’t completely malicious but can be troublesome.

Da stieg das um 20 %. 63 % der Grayware Apps leaken die Telefonnummer.

Die Hauptangriffstechnik ist eigentlich altbekannt:

> Targeted attack groups are on the rise, and the US presents their biggest target. Their methods are low tech and highly effective: Last year, 71 percent of attacks began with spear phishing.

Pishing.

Dabei bin ich ausgerechnet gestern über eine verblüffende Mail gestolpert. Das war zwar kein Phishing, sondern ein üblicher Bankbetrug. Aber die Mail war zum ersten Mal in ordentlichem Deutsch verfaßt.

> Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Sie als nächsten Verwandten / Begünstigten für meinen verstorbenen Kunden an Bord zu holen. Ich werde Ihnen alle notwendigen Dokumente zur Verfügung stellen, die die Bank möglicherweise benötigt, um Sie als Begünstigte / Angehörige zu bestätigen. Ich werde Sie bei jedem Schritt für den erfolgreichen Abschluss dieses Projekts begleiten. Ich gebe Ihnen 40% des gesamten Fonds, während ich 60% als Urheber nehme.

Kein holperiges Englisch mehr.

Wenn das so ordentlich geschrieben wird, könnten auch mehr Leute auf solche Betrugsgeschichten hereinfallen.

Einerseits steigen die Fallzahlen und Risiken an. Anderereseits sind die Angriffstechniken dieselben. Die wirklich kritischen Zero-Day - Hacks sind sogar zurückgegangen.

 

thisisyourdigitallife - Facebook und Cambridge Analytica - warum wird jetzt längst Bekanntes zum Skandal erklärt? Facebook sammelt exzessiv Daten und nutzt diese zur Werbung

22.03.2018 23:44:12, Jürgen Auer, keine Kommentare

Irgendwie bin ich aktuell doch sehr verblüfft. Da hat Aleksandr Kogan, ein britischer Forscher, eine Facebook-App thisisyourdigitallife mit Erlaubnis von Facebook auf die Plattform gebracht. Da ging es um eine Umfrage zu Persönlichkeitstypen, das war 2013. Dieses Datum fand sich in dem Zuckerberg-Post (siehe weiter unten).

Etwa 270.000 Nutzer installierten die App und stimmten damit der Weitergabe ihrer Daten zu. Zusätzlich hatte die App aber Zugriff auf wesentliche Daten der Freunde dieser App. Insgesamt wurden damit etwa 50 Millionen Profile "exportiert". Zum damaligen Zeitpunkt war dieser Zugriff der App auf Daten der Freunde legitim, später wurde das eingeschränkt.

Dann wurden die Daten, nachdem sie erst mal aus Facebook weg waren, an Cambridge Analytica sowie an Christopher Wylie und sein Unternehmen Eunoia Technologies weitergegeben. Jeder, der auch nur etwas von Statistik versteht, weiß, daß man über hinreichend große Datenmengen "tolle Korrelationen" berechnen kann.

Damit ging das in den US-Wahlkampf: Potentielle Trump-Wähler sahen die einen, potentielle Clinton-Wähler die anderen "passenden Anzeigen". Das Ergebnis ist bekannt.

Die beiden Artikel vom letzten Wochenende, die international hohe Wellen schlugen:
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Beim Guardian: Revealed: 50 million Facebook profiles harvested for Cambridge Analytica in major data breach

https://www.theguardian.com/news/2018/mar/17/cambridge-analytica-facebook-influence-us-election

Christopher Wylie gegenüber dem Observer:

> “We exploited Facebook to harvest millions of people’s profiles. And built models to exploit what we knew about them and target their inner demons. That was the basis the entire company was built on.”

Die inneren Dämons der Leute ansprechen, auf daß diese das Kreuz an der richtigen Stelle machen bzw. nicht wählen gehen. In dem Artikel ist auch die Rede davon, daß die ursprünglichen App-Nutzer lediglich der Verwendung für Forschungszwecke zugestimmt hätten.

In der New York Times: How Trump Consultants Exploited the Facebook Data of Millions

https://www.nytimes.com/2018/03/17/us/politics/cambridge-analytica-trump-campaign.html

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Und nun? Wo ist jetzt daran die Überraschung? Facebook sammelt seit dem Beginn so ziemlich alles an Daten über Nutzer, was nur verfügbar ist. Und nutzt das, um "passgenaue Werbung" auszuspielen.

Unternehmen buchen diese "passgenaue Werbung", die auf dem ständigen Datensammeln beruht. Und nutzen sie, um ihre eigenen Produkte möglichst genau an die gewünschte Zielgruppe zu bringen.

Facebook bietet das aber nicht nur Unternehmen an. Sondern auch Parteien für Wahlkampfzwecke. Laut einem Artikel im Tagesspiegel

Millionenfacher Datenmissbrauch: Facebook ist kein Opfer des Skandals – sondern selbst schuld

https://www.tagesspiegel.de/politik/millionenfacher-datenmissbrauch-facebook-ist-kein-opfer-des-skandals-sondern-selbst-schuld/21099064.html

schickt Facebook sogar Marketingspezialisten los, die Parteien bei deren Kampagnen unterstützen. Und verdient natürlich daran.

Ende 2016 gab es eine Riesenwelle, als dieser Beitrag

Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt

https://www.dasmagazin.ch/2016/12/03/ich-habe-nur-gezeigt-dass-es-die-bombe-gibt/

erschien. Da ging es um Michal Kosinski, der auch solche Forschungen zu Big Data angestellt hatte. Er hatte schon 2008 so eine ähnliche App entwickelt. Und das wurde - von Aleksandr Kogan nachgeahmt.

Dann schränkte Facebook den Zugriff von Apps auf Kontakte der Teilnehmer deutlich ein. Forderte von Cambridge Analytica die Löschung der Daten, ohne das wirklich zu kontrollieren bzw. durchzusetzen. Facebook hätte ja auch eine Klage gegen Cambridge Analytica mit einer Löschaufforderung einreichen können.

Nun kommt das - wie so üblich - irgendwann eben doch raus. Die Politiker sind empört, obwohl sie alles längst hätten wissen können. Und Facebook gibt sich zerknirscht:

Mark Zuckerberg schreibt etwas auf Facebook:

https://www.facebook.com/zuck/posts/10104712037900071

> We have a responsibility to protect your data, and if we can't then we don't deserve to serve you. I've been working to understand exactly what happened and how to make sure this doesn't happen again.

Da war ursprünglich gerade die Idee, daß Apps auch sozial sein könnten, dafür brauchen sie aber den Zugriff auf die Daten der Freunde. Demnach wurden schon 2014 Apps massiv eingeschränkt. Vor allem konnten sie nur noch dann auf Daten von Freunden zugreifen, wenn diese selbst die App authorisierten. 2015 wußte Facebook bereits, daß Kogan die Daten mit Cambridge Analytica geteilt hatte. Da flog die App raus. Aber Kogan und Cambridge Analytica blieben weiterhin auf der Plattform, sie sollten die Daten löschen. Nun - wie tragisch - erfährt Facebook, daß Cambridge Analytica das nicht gemacht habe, nun fliegen die ganzen Unternehmen bei Facebook raus.

Hat Facebook allen Ernstes geglaubt, daß ein "Hey, löschen Sie mal diese Daten" ausreicht, damit Cambridge Analytica die Daten löscht, anstatt sie für den anstehenden US-Wahlkampf zu nutzen? Ein solcher Datenpool ist sehr wertvoll. Da war es zu erwarten, daß da getrickst wird.

Jetzt soll es ein paar Einschränkungen geben. Nur: Das alles löst nicht das Kernproblem:

> I started Facebook, and at the end of the day I'm responsible for what happens on our platform.

Solange Facebook weiterhin so dermaßen viele Daten erhebt und ständig sammelt. Und solange Facebook genau das an Werbetreibende verkauft und darauf sein Geschäftsmodell aufbaut. Solange wird es auch neue Versuche geben, das entsprechend "geschickt" auszunutzen. Nun eben nicht über eine App und "abgezogene Daten". Sondern direkt innerhalb von Facebook per Werbeanzeigen, so daß Facebook daran direkt verdient.

Die nächste Kampagne bei der nächsten Wahl wird eben "etwas raffinierter" werden. Aber es wird sie geben. Weil Facebook die Daten hat und damit Geld verdienen möchte. Und weil Unternehmen dafür Geld ausgeben, auf Facebook werben zu dürfen.

Sprich: Facebook kommt "irgendwie" an Daten ran, mit Cookies, ohne Zustimmung der Nutzer. Sammelt diese exzessiv und verdient damit Geld. Cambridge Analytica hat effektiv bloß dasselbe gemacht. "Kam eben irgendwie" an Daten von Facebook ran. Hat die Löschaufforderung lauwarm ignoriert, Facebook hat das ja auch nicht wirklich per Urteil durchgedrückt. Und Cambridge Analytica hat die Daten eben weiterhin genutzt. Bis es rauskam.

 

LSEV: 3D-printed electric car - ein E-Auto aus dem 3D-Drucker für 7500 Dollar, gedruckt in drei Tagen - Projekt von XEV - Unternehmen für elektrische Autos aus Italien und Polymaker - 3D-Unternehmen

21.03.2018 23:15:53, Jürgen Auer, keine Kommentare

Bahnt sich da eine leise Revolution an? Die deutschen Autobauer hängen weiter an ihren großen Modellen. Aber anderswo gibt es andere Konzepte.

So LSEV: Ein Auto, das innerhalb von drei Tagen per 3D-Drucker hergestellt wird. Als das erste Auto, das sich wirklich für die Massenproduktion eignet.

Ein gemeinsames Projekt von XEV, einem Unternehmen aus Italien, das elektrische Autos herstellt. Und Polymaker, ein Unternehmen, das 3D-Lösungen anbietet.
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World’s first mass-producible 3D-printed electric car will cost under $10K

https://inhabitat.com/worlds-first-mass-producible-3d-printed-electric-car-will-cost-under-10k/

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Ein Statement von Luo Xiaofan, CEO von Polymaker:

> “XEV is the first real mass production project using 3D printing. By saying real, I mean there are also lots of other companies using 3D printing for production. But nothing can really compare with XEV in terms of the size, the scale, and the intensity.”

Die erste reale Massenproduktion, die 3D-Printing nutzt. Andere Unternehmen nutzen zwar schon 3D Printing. Aber das würde alles nicht weit genug gehen.

Das Video auf YouTube:

Bringing LSEV to life - The 1st Mass Produced 3D Printed Car

https://www.youtube.com/watch?v=M-X-rN2yXfs

Das Auto schafft 43 Meilen als Höchstgeschwindigkeit, das sind etwa 69 Stundenkilometer. Es hat eine Reichweite von 93 Meilen = knapp 150 Kilometern.

Das ist nicht viel, aber für städtischen Verkehr genügt das problemlos.

Wie konnten die Kosten so sehr gesenkt werden?

> They shrunk the number of plastic parts and components from 2,000 to 57, which also makes the LSEV a lot lighter than a standard, comparable vehicle. All of the EV’s visible parts were printed, except for the chassis, seats and glass.

Die Zahl der Kunststoffteile wurde von 2000 auf 57 reduziert. Damit ist das Auto auch deutlich leichter als vergleichbare Autos. Alles außer dem Fahrgestell, den Sitzen und den Glasscheiben wurde gedruckt.

Bei CNBC gibt es ein kleines Video (55 Sekunden), das etwas mehr zum Druck und zu den Einzelteilen zeigt:

This 3-D printed electric car costs $7,500 and took three days to make

https://www.cnbc.com/2018/03/17/lsev-is-a-7500-3-d-printed-electric-car-from-xev.html

Demnach soll das Auto 2019 in Asien und Europa erhältlich sein.

Etwas kommt mir das so vor, als ob so eine Lösung die deutschen Autobauer massiv in Bedrängnis bringen könnte. Zwei unbekannte Unternehmen, die ganz anders an bestimmte Fragestellungen herangehen. Die das ganze Auto neu denken, ohne auf Abteilungen und Personen Rücksicht nehmen zu müssen. So daß sie alte Zöpfe abschneiden und sich nicht mit Altlasten beschäftigen müssen.

Wenn ein Drucker 3 Tage dafür braucht, wären das ungefähr 100 Autos im Jahr. Also bräuchte man 1000 Drucker, um in einem Jahr 100.000 Autos produzieren zu können.

Das angesichts der aktuellen Diskussionen um die Schadstoffbelastung in den Städten. Wenn man die "dreckigen Diesel" nur noch verwendet, um außerhalb der Städte unterwegs zu sein und in den Städten solche Autos bsp. zum Mieten bereitstellt, dann könnte das rasch Effekte haben.

Die Unternehmen müßten so auch E-Busse herstellen. Die fehlen nämlich, die deutschen Autobauer haben das Thema seit Jahren verschlafen. Praktisch dürfte die Entwicklungszeit von solchen 3D-gedruckten Autos deutlich kürzer sein als das bei Verbrennungsmotoren mit sehr viel mehr Komponenten der Fall ist.

 

Bundesgerichtshof: Stornierung der Flugbuchung kann bei günstigerem Ticket wirksam ausgeschlossen werden - Fluggast hätte Versicherung abschliessen können - X ZR 25/17

20.03.2018 23:10:58, Jürgen Auer, keine Kommentare

Wer fliegt, möchte womöglich günstige Preise. Aber ist es rechtmäßig, daß ein Unternehmen (hier: Die Lufthansa) verschiedene Tickets anbietet: Bei den günstigeren gibt es bei einer Stornierung fast keine Rückzahlung des Ticketpreises. Bei teureren Tickets kann ein Großteil der Zahlung erstattet werden.

Zwei Personen hatten im November 2014 für Mitte Mai 2015 Tickets gekauft. Im März 2015 wurden die Tickets storniert. Es wurden jedoch nur geringe Rückzahlungen geleistet. Zu Recht. So der Bundesgerichtshof in einer heutigen Entscheidung. Damit wurden die Entscheidungen von AG Köln und LG Köln bestätigt.
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Stornierung der Flugbuchung kann wirksam ausgeschlossen werden - Urteil vom 20. März 2018 – X ZR 25/17

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&Sort=3&nr=81891&pos=0&anz=59

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Der Fall:

> Sie buchten im November 2014 für den 22./23. Mai 2015 Flüge von Hamburg nach Frankfurt am Main mit Anschlussflug nach Miami und von Los Angeles über Frankfurt am Main nach Hamburg zum Gesamtpreis von 2.766,32 €. Der Buchung lagen für die innerdeutschen Teilstrecken die Buchungsklasse Economy (Y) und für die interkontinentalen Teilstrecken die Klasse Premium Economy (N) zugrunde, für die die Bedingungen der Beklagten folgende Regelung vorsahen:

Die konkrete Regelung:

> "Die Stornierung der Tickets ist nicht möglich. Die nicht verbrauchten Steuern und Gebühren sind erstattbar. Der internationale/nationale Zuschlag ist nicht erstattbar."

Am 20.03.2015 wurden die Tickets storniert - wegen einer Erkrankung. Die Luftgesellschaft zahlte jeweils 133,56 Euro an ersparten Steuern und Gebühren zurück. Jeder der Kläger wollte die Differenz von 1.249,60 € und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten zurückbekommen, folglich Klage. Das AG Köln wies die Klage ab, die Berufung dagegen blieb ebenfalls erfolglos. Nun wurde die Revision als unbegründet verworfen.

Zunächst handelt es sich um einen Werkvertrag: Damit können die Fluggäste den Vertrag jederzeit kündigen.

> Entgegen der Auffassung der Beklagten sind für auf den (Luft-)Personenbeförderungsvertrag die Vorschriften des Werkvertragsrechts anwendbar. Der Fluggast kann daher nach § 649 BGB den Beförderungsvertrag jederzeit kündigen. Die Anwendung dieser Vorschrift ist jedoch durch die Beförderungsbedingungen der Beklagten im Streitfall wirksam abbedungen worden.

Das hört sich auf den ersten Blick widersprüchlich an. § 649 BGB sieht jedoch zusätzlich zur Kündigungsmöglichkeit eine Erstattungspflicht bei Vorauszahlung vor. Damit wäre alles ab 5 % des ursprünglich vereinbarten Preises für das Luftfahrtunternehmen begründungspflichtig gewesen. Diese Erstattungspflicht wurde wirksam abbedungen.

> Die Kündigung des Werkvertrags durch den Besteller hat zur Folge, dass die Leistungspflicht des Werkunternehmers entfällt. Er soll jedoch nicht schlechter stehen, als er bei Vertragserfüllung stünde und behält somit seinen Vergütungsanspruch, muss sich jedoch ersparte Aufwendungen und die Vergütung für eine anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft anrechnen lassen.

Nur sind die Fixkosten in so einem Fall eben konstant. Ein Fluggast mehr oder weniger macht nichts aus. Theoretisch hätte zwar der Flug ausgebucht sein können, so daß ein Nachrücker den Platz einnimmt. Aber:

> Die Ermittlung, ob sich hieraus im Einzelfall ein auf den Beförderungspreis anrechenbarer anderweitiger Erwerb ergibt, wäre jedoch typischerweise aufwendig und insbesondere dann mit Schwierigkeiten verbunden, wenn die Anzahl von Fluggästen, die gekündigt haben, größer wäre als die Anzahl der Fluggäste, die ohne die Kündigungen nicht hätten befördert werden können. Aus der Sicht des einzelnen Fluggastes, der von einem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hätte, hinge es zudem vom Zufall ab, ob ihm ein Erstattungsanspruch zustände oder er trotz Kündigung (nahezu) den vollständigen Flugpreis zu zahlen hätte.

Das wäre also viel zu unkalkulierbar.

Dann hätte es auch noch einen höheren Preis mit Kündigungsrecht gegeben. Aber den hatten die Kläger nicht gebucht. Eine Versicherung wäre auch noch möglich gewesen.

> Will er nicht den höheren Preis zahlen, zu dem typischerweise eine flexible Buchung erhältlich ist, mit der er in jedem Fall eine Erstattung des Flugpreises erreichen kann, kann er für den Krankheitsfall, wie er im Streitfall vorlag, eine solche Erstattung durch eine Versicherung absichern.

Auch dagegen hatten sich die Kläger nicht abgesichert. Folglich:

> Unter Berücksichtigung dieser Umstände stellen der Ausschluss des Kündigungsrechts und die damit verbundene vereinfachte Vertragsabwicklung bei der Beförderung mit einem Massenverkehrsmittel keine unangemessene Benachteiligung des Fluggastes dar.

In einer Vorbesprechung

BGH verhandelt: Fluggäste fordern nach Stornierung ihr Geld zurück

https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/bgh-verhandelt-fluggaeste-fordern-nach-stornierung-ihr-geld-zurueck/21090228.html

wird erwähnt, daß der Reiserechtsexperte Felix Methmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit einer Entscheidung zugunsten der Kläger rechnet. Dort wird auf § 648 BGB verwiesen. Demnach gäbe es eine Erstattungspflicht, wenn das "Werk", hier der Platz im Flugzeug, an einen anderen Fluggast verkauft wird. Dagegen hat der Bundesgerichtshof mit heutigem Urteil eingewendet, daß so eine Lösung zu sehr vom Zufall abhängen würde.

Das Urteil wundert mich nicht. Günstigerer Ticketpreis - keine Rückzahlung. Höherer Ticketpreis - Rückzahlung. Bei der Deutschen Bundesbahn sind auch jene Tickets günstiger, die sehr früh gebucht und nicht zurückgegeben werden können.

So können Unternehmen das vorzeitige Kündigungsrisiko abfangen, indem sie unterschiedliche Tickets anbieten. Das zu kippen wäre ungerecht gegenüber jenen, die für die Rückzahlungsmöglichkeit bei vorzeitiger Kündigung einen Zuschlag zahlen. Oder gegenüber jenen, die eine zusätzliche Reiserücktrittsversicherung abschließen und sich damit auf anderem Weg gegen das Krankheitsrisiko absichern.

 

Maison Heler in Metz - ein Hotel bestehend aus einem monolithischen etwa zehnstöckigen Block - auf dem Flachdach ein traditionelles elsässisches Haus mit steilen Dächern und Türmen - von Philippe Starck

19.03.2018 23:53:36, Jürgen Auer, keine Kommentare

Surrealismus: Ist das nicht längst ausgestorben? In unserer Welt, in der Rendite mehr als Poesie zählt?

Besonders gilt das doch für die Häuser in den Städten. In denen jeder Quadratmeter ausgenutzt wird, so daß die Häuser alle gleich aussehen: Möglichst senkrecht hoch, so daß es viel Fläche gibt.

Etwas ganz anderes könnte in der französischen Stadt Metz entstehen.

Zunächst ein solcher Block, mit vielleicht 10 oder 11 Stockwerken. "Hübsch symmetrisch", kastenförmig, die maximale Nutzung des Raumes.

Aber drüber nicht ein abschließendes Flachdach. Sondern auf dem Flachdach ein Haus, das sich stilistisch an ein traditionelles Haus aus dem Elsaß anlehnt. So, wie dort im 18. Jahrhundert gebaut wurde.

Eine komplexe Dachkonstruktion, ein Erker in der Mitte, der die Hausfront drunter verlängert. Umgeben von einer großzügigen Terrasse mit diversen Bäumen. Und viel Grün an den Rändern, so daß die Pflanzen den Rand des Kastens drunter überdecken und an der Außenwand nach unten wachsen.
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philippe starck's maison heler, a phantasmagoric hotel and habitable work of surrealism

https://www.designboom.com/architecture/philippe-starck-maison-heler-phantasmagoric-hotel-surrealist-alsatian-style-house-03-16-2018/

Das Video auf Vimeo: MAISON HELER METZ

https://vimeo.com/260060417

Die Seite des Architekten: Maison Heler, an out of scale phantasmagoric Architecture in the dynamic City of Metz

http://www.starck.com/en?i=maison-heler-an-out-of-scale-phantasmagoric-architecture-in-the-dynamic-city-of-metz

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Demnach soll das von der Hilton-Gruppe gebaut werden.

> as a surrealist construction like a habitable, poetic work of art.

Als eine surrealistische Konstruktion wie eine bewohnbare poetische Kunst.

119 Gästezimmer soll der monolithische Block haben. Oben gäbe es dann nicht bloß eine schicke Dachterrasse, sondern zusätzlich einen tollen Blick über Metz.

Im Inneren soll es ein Restaurant, eine Bar, Gym-Räume und Räume für Veranstaltungen geben. So daß das Gebäude sowohl von Gästen als auch von Einheimischen genutzt wird.

Philippe Starck:

> ‘it’s a game about uprooted roots, a symbolic construction of the lorraine region.’

Ein Spiel um die entwurzelten Wurzeln, eine symbolische Konstruktion der Region. Das Maison Heler in Metz soll das Flagschiff der Maison Heler - Häuser werden.

Das ist noch "ziemlich neu": Das Video auf Vimeo ist 5 Tage alt, auf YouTube findet sich noch nichts. Aktuell sieht das noch nach einem sehr frühen Planungsstadium aus.

Auch in einer Pressemitteilung findet sich kein Hinweis, wann das gebaut und eröffnet werden könnte.

 

House in Miyamotocho - ein eigentlich zweistöckiges Haus bestehend aus 13 Ebenen - als Anti-Decluttering-House - von Yo Shimada von Tato Architects in Osaka

18.03.2018 23:40:31, Jürgen Auer, keine Kommentare

Soll eine Wohnung, soll ein Haus eher leer sein? Minimalistisch, puritanisch, leergeräumt? Oder soll es in einem Haus sehr viele Dinge geben?

Die eine Tradition wird grade wohl stark von Marie Kondo und ihrem "decluttering empire" geprägt: Das Empire eines entrümpelten Wohnstils. In Japan sei das als Idee durchaus wesentlich: Ein Ultra-Minimalismus, ein einfaches Leben, fernab von all jenen materiellen Besitztümern, die den Westen so plagen.

Aber: Wer in Japan wohnt, der wisse, daß das nicht so wirklich stimmt. Leute in Japan haben Stuff, Kram, Krempel. Viel Stuff, sehr viel Stuff.

Eine dreiköpfige Familie in Osaka kam zu Yo Shimada, Architekt bei Tato Architects. Sie hatten viele Dinge. Sie suchten aber nicht nach einer Möglichkeit, das "geschickt zu verstauen". Ganz im Gegenteil: Sie suchten nach einer Möglichkeit, wie man das alles quasi unverstaut aufbewahren könne. Und sie wollten den Raum, der von außen her wie ein zweistöckiges Haus wirkt, als einen einzigen Raum nutzen. Mit der Flexibilität von diversen kleinen "Spaces", also Teilräumen, ohne daß diese wirklich durch Wände abgeteilt sind.

Das Ergebnis ist das “House in Miyamotocho”:
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In Japan, an Anti-Decluttering House

http://www.spoon-tamago.com/2018/03/12/in-japan-an-anti-decluttering-house/

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Es gibt insgesamt 13 Elemente, erhöhte Plattformen. Die in den sich damit ständig umwandelnden Raum hineinragen.

> “The floors build up as two spiral shapes, joins at the living room, and then separate into two again before arriving at the rooftop deck,”

so der Architekt.

Das Haus wurde im letzten Jahr fertiggestellt. Dann begannen die Bewohner, es allmählich mit ihrem "Stuff" zu füllen.

Das Ergebnis ist jedenfalls verblüffend.

Wenn man sich die beiden ersten Bilder in dem obigen Beitrag genau ansieht: Das obere Bild zeigt hinten ein Fenster mit einem senkrechten gelben Vorhang in der Mitte. Rechts gibt es eine Tür nach draußen.

Auf dem zweiten Bild ist der Betrachter deutlich nach hinten gerückt und ein paar Ebenen höher: Das Fenster ist nun ganz klein im Hintergrund. Das, was auf dem ersten Bild noch wie die abschließende Decke erscheint, entpuppt sich nun als eine Zwischenebene.

Auf der Website des Architekten

http://tat-o.com/projects/3230/

ist diese Ein-Raum-Wohnung teilweise noch ziemlich leer. Die Ebenen bestehen wohl aus H-förmigen Stahlträgern, die zu großen Flächen zusammengeschweisst sind.

Dazwischen gibt es eine Seite mit einer Ansicht der vier Hauptebenen.

Verblüffend ist, wieviele helle und dunkle verschiedenartige Ecken es in dieser Wohnung gibt.

Eine Wohnung, die wie ein großer Abenteuerspielplatz wirkt. Und in der es doch auch ruhige Ecken zu geben scheint.

Gegenüber den umliegenden Häusern, die wahrscheinlich traditionelle Wohnungen mit mehreren einzelnen Zimmern haben, ist dies jedenfalls ein gänzlich andersartiges Haus.

 

Wie kann man einen Job als Texter finden? Indem man einen Rapsong dreht - Chase Zreet bewirbt sich für die Sprite-Betreuung bei der Agentur Wieden and Kennedy - New York

17.03.2018 23:47:26, Jürgen Auer, keine Kommentare

Wer einen Job sucht: Der kann versuchen, diverse Unternehmen per Post anzuschreiben. Womöglich mit "hiermit bewerbe ich mich" - und ab in den Papierkorb.

Ganz anders machte das der Texter Chase Zreet. Er wollte bei der New Worker Agentur Wieden and Kennedy anfangen. Mit dem Ziel, dort die Kampagnen für Sprite zu betreuen.

Was machte er? Er drehte ein Video. Als Rapper. Das Ergebnis: Er bekam den Job.
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How a Copywriter’s Amazing Tribute to Sprite Got Him Hired at W+K: Chase Zreet unpacks his video 'Cover Letter'

http://www.adweek.com/agencies/how-a-copywriters-amazing-tribute-to-sprite-got-him-hired-at-wk/

Das Video auf Vimeo: Cover Letter

https://vimeo.com/241763828

> A video cover letter dedicated to the Sprite creative team at W+K NYC

Beim Video wundert man sich, ob er in den Hintergrund reingeschnitten wurde. Der Text erläutert das:

> Visually, it’s a delight, with Zreet seen floating around town (thanks to a hoverboard) in, alternately, a green jacket with a lemon on a gold chain around his neck and a yellow jacket with a lime around his neck.

Ein im Video nicht sichtbares Hoverboard wurde genutzt. Das Ganze wurde zweimal gedreht - mit einer grünen und einer gelben Zitrone um den Hals und - dazu konträr - das Jackett.

Die Werbeagentur war jedenfalls begeistert:

> W+K was blown away by the video, and ended up hiring Zreet (how could they not?), who starts in April.

Im April startet er dort - von Dallas nach New York.

W+K NY creative director Jimm Lasser erläutert das:

> “There’s too much emphasis put on portfolios, and not enough on the creative enthusiasm of a candidate,”

Da wird sehr das Portfolio betont - und der Enthusiasmus, die kreative Begeisterung eines Kandidaten geht unter.

> “We like it when candidates want to be at W+K for a variety of reasons, even beyond our work. All the better when they use their unique talents to demonstrate this. Chase made a great ad about himself. He persuaded us to invest in him. He won us over.”

Wir lieben es, wenn Kandidaten bei uns sein wollen - aus verschiedensten Gründen. Wenn sie dafür ihr Talent nutzen, um das zu demonstrieren - umso besser. Chase habe eine tolle Werbung für sich gemacht. Und uns überzeugt, in ihn zu investieren.

Lasser war wohl grade davon begeistert, daß Zreet mit dem Hoverboard unterwegs war und dabei gerapt hat.

Von Sprite gab es keine offizielle Aussage. Allerdings schrieb ein Mitarbeiter von Sprite in den Vimeo-Kommentaren, daß sie das Video lieben würden.

Auf seiner Website

Chase Zreet

http://www.chasezreet.com/

finden sich einige seiner Arbeiten.

Auf die Idee mit dem Video hat ihn ein Hinweis eines Bekannten gebracht, der davor bei W+K gearbeitet hatte. Der meinte, er könne doch für das Sprite-Team bei W+K arbeiten. Da er ein großer Fan des Rappers Vince Staples ist, kam ihm die Idee mit dem Rap. Schließlich war das in ein paar Tagen geschrieben, für die Aufnahmen war eine Woche notwendig.

Eine Plan B habe er nicht gehabt. Es sei immer ein One-Shot-Deal gewesen.

Jeremy Bartel, der das drehte, half offenbar gewaltig: So war die Idee mit dem Hoverboard wohl zunächst nur ein Ausschnitt:

> The hoverboard technique that was used in the video was buried in one of those ideas. He sat with it for a night and came back with the hoverboard scene and said, “This is it. This is the whole video.”

Aber nach einer Nacht kam er mit der Hoverboard-Szene und meinte: Das sei es. Das sei das ganze Video. Auch die Idee mit dem doppelten Filmen (wechselnde Klamotten) und dem Schnitt, so daß das Jackett im Video ständig wechselt, kam von Jeremy.

Die Reaktion von W+K auf das Video:

> “This is definitely the best original rap track about Sprite/biography of an aspiring copywriter from Texas that we’ve ever received. And we’ve received a ton.”

Der beste Rap zu diesem Thema, den die Agentur je bekommen habe. Und sie hätten viele bekommen.

"Nur" ein Video drehen reicht nicht. Es muß dann schon auch ein gutes Video sein.

Eine spannende Idee. Ab April arbeitet er in New York, was er machen wird, weiß er noch nicht. Aber die Agentur wird seine Kreativität schon sinnvoll einsetzen.

 

Bundesfinanzhof: Keine Berichtigung, falls elektronisch übermittelte Lohndaten unvollständig sind und vom Arbeitslohn abweichen, den der Arbeiternehmer erklärt hat - VI R 41/16

16.03.2018 23:35:28, Jürgen Auer, keine Kommentare

Früher gab es Lohnsteuerkarten: Da trug der Arbeitgeber manuell den gezahlten Lohn und die abgeführten Steuern und Sozialabgaben ein. Der Arbeitnehmer mußte diese Lohnsteuerkarte vom Arbeitgeber nach dem Jahresende erhalten, damit er sie bei seinem Finanzamt als Beleg einreichen konnte.

Ab 2010 wurde das in Deutschland auf ein elektronisches Verfahren umgestellt. Der Arbeitgeber übermittelt diese Zahlen direkt ans Finanzamt. Der Arbeitnehmer erhält sie ebenfalls und trägt sie in seine Einkommensteuererklärung ein.

Aber was passiert, wenn es offenkundige Unstimmigkeiten zwischen den elektronisch übermittelten und den vom Steuerpflichtigen in Papierform oder elektronisch abgegebenen Zahlen gibt?

Einen solchen Fall für 2011 hatte der Bundesfinanzhof entschieden. Hier zugunsten des Steuerpflichtigen.
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Die Pressemitteilung: Keine Berichtigung bei Übernahme elektronisch übermittelter Lohndaten anstelle des vom Arbeitnehmer erklärten Arbeitslohns
Urteil vom 16.1.2018, VI R 41/16

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2018&nr=35793&pos=1&anz=15

Das Urteil: BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.1.2018, VI R 41/16 - ECLI:DE:BFH:2018:U.160118.VIR41.16.0

Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO bei Abweichen des erklärten Arbeitslohns von dem elektronisch beigestellten Arbeitslohn

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2018&anz=15&pos=1&nr=35805&linked=urt

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Der Fall ist über den konkreten und relativ speziellen Fall hinaus interessant, da § 129 Abgabenordnung eine ausdrückliche Berichtigungsmöglichkeit vorsieht

Abgabenordnung (AO): § 129 Offenbare Unrichtigkeiten beim Erlass eines Verwaltungsakts

https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__129.html

> Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

Das Finanzamt hatte sich darauf berufen. Sowohl das Finanzgericht Köln als auch der Bundesfinanzhof hatten diese Argumentation verworfen.

Der behandelte Fall (aus der PM):

> Die Klägerin war im Streitjahr (2011) zunächst bei der X GmbH und später bei der Y GmbH beschäftigt. Ihren aus diesen beiden Arbeitsverhältnissen bezogenen Arbeitslohn erklärte sie gegenüber dem FA zutreffend. Die Erklärung wurde in Papierform eingereicht.

Laut dem Urteil ging die Arbeit bei der X GmbH vom Jahresanfang bis zum 31.08.2011. Vom 01.09.2011 - Jahresende folgte die Tätigkeit bei der Y GmbH. Die Einkommensteuererklärung für 2011 wurde im Mai 2012 zusammen mit Belegen eingereicht.

Dann erging Mitte Juli 2012 ein Einkommensteuerbescheid:

> Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid lediglich den Arbeitslohn aus dem Arbeitsverhältnis mit der Y GmbH.

Das stand wohl nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, also wurde das einen Monat später bestandskräftig.

> Nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids stellte das FA fest, dass die X GmbH erst im Nachhinein die richtigen Lohndaten für die Klägerin übermittelt hatte und diese deshalb im Bescheid nicht enthalten waren.

Laut Urteil stellte das Finanzamt erst im November 2013 fest, daß seit dem 22. August 2012 (da müßte der Bescheid schon bestandskräftig gewesen sein) Lohndaten von der X GmbH vorlagen, die im Bescheid nicht berücksichtigt worden waren. Die beiden Summen zusammengezählt ergaben das, was die Klägerin als Einnahmen angegeben hatte.

> Das FA erließ einen Änderungsbescheid, gegen den die Klägerin erfolglos Einspruch einlegte. Das FA sah sich als nach § 129 Satz 1 AO änderungsbefugt an. Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.

Das Finanzgericht sah das anders und gab der Klage statt. Das bestätigte nun der Bundesfinanzhof. Denn:

> Nach seinem Urteil liegt keine offenbare Unrichtigkeit vor. Entscheidend war hierfür, dass die Klägerin ihren Arbeitslohn zutreffend erklärt, das FA diese Angaben aber ignoriert hatte, weil es darauf vertraute, dass die vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Daten zutreffend waren. Kommt es bei dieser Vorgehensweise zu einer fehlerhaften Erfassung des Arbeitslohns, liegt nach dem BFH kein mechanisches Versehen, sondern vielmehr ein Ermittlungsfehler des FA vor. Eine spätere Berichtigung nach § 129 AO ist dann nicht möglich.

Das ist ja kein Zahlendreher oder Schreibfehler gewesen. Sondern das Finanzamt hat die in Papierform übermittelten Daten nicht mit den auf elektronischem Weg übermittelten Daten abgeglichen. Sonst wäre die Differenz von 8 Arbeitsmonaten aufgefallen.

Sprich: Es lag bedeutend mehr als "nur" ein Schreibfehler oder Rechenfehler vor. Aus der Begründung (RN 17): Das Finanzamt

> ... hat deshalb insbesondere bewusst keinen Abgleich der der Einkommensteuererklärung der Kläger elektronisch "beigestellten" Daten mit den von diesen erklärten Daten vorgenommen. Führt diese vom FA gewählte Vorgehensweise bei der Bearbeitung einer Einkommensteuererklärung zu einer unzutreffenden Erfassung des Arbeitslohns, stellt dieser Fehler keine einem Schreib- oder Rechenfehler gleichgestellte ähnliche offenbare Unrichtigkeit und damit kein mechanisches Versehen dar. Durch den bewusst unterlassenen Abgleich der der Steuererklärung elektronisch beigestellten Daten mit den vom Steuerpflichtigen erklärten Daten liegt insbesondere kein bloßes Übersehen erklärter Daten vor, das regelmäßig zu einer Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO führt

Interessant dabei ist, daß bei Angestellten ohnehin nur der Nettolohn überwiesen wird. Bei einem alleinstehenden Angestellten würde so ein Fehler also kaum etwas ausmachen, Lohnsteuer ist ja bereits pro Monat abgeführt. Anders (dann allerdings auch sehr unwahrscheinlich) wäre es, wenn jemand erst 8 Monate selbständig und anschließend vier Monate angestellt ist. Und das Finanzamt die 8 Monate nicht berücksichtigt, von denen noch keine Einkommensteuer gezahlt wurden.

Da es sich bei den Klägern um ein gemeinsam veranlagtes Ehepaar handelte, sank aber das insgesamt zu versteuernde Einkommen um die acht nicht berücksichtigten Monate der Frau bei der X GmbH. Damit dürfte das Ehepaar per Splittingtabelle Geld zurückerhalten haben, was es ohne diesen Fehler nicht gegeben hätte.

Ferner kann das durch den Fehler gesunkene Gesamteinkommen der Familie an anderen Stellen Auswirkungen haben. Etwa bei der Berechnung der zumutbaren Eigenbeteiligung. Sucht die Familie umgekehrt eine neue Wohnung, könnte sich ein niedrigeres Einkommen sowohl positiv als auch negativ bemerkbar machen.

Laut dem zweiten Leitsatz

> Stimmen der vom Steuerpflichtigen erklärte und der der Einkommensteuererklärung beigestellte Arbeitslohn nicht überein, hat der Sachbearbeiter regelmäßig --ggf. in weiteren Datenbanken-- zu ermitteln, welches der zutreffende Arbeitslohn ist.

muß der Sachbearbeiter in so einem Fall explizit ermitteln, was der zutreffende Arbeitslohn ist.

PS: Es gibt noch ein zweites, ähnliches Urteil. Auch hier hatte der Arbeitnehmer die Einkommensteuererklärung in Papierform und korrekt ausgefüllt.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.1.2018, VI R 38/16 - ECLI:DE:BFH:2018:U.160118.VIR38.16.0

Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 16.1.2018 VI R 41/16 - Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO bei Abweichen des erklärten Arbeitslohns von dem elektronisch beigestellten Arbeitslohn

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=35817&pos=5&anz=37

Da hatte der in NRW wohnende Arbeitnehmer im Jahr 2013 nur zwei Monate bei einem Unternehmen in NRW gearbeitet, anschließend folgten 9 Monate bei einem Unternehmen in Niedersachsen. Da hatte der Sachbearbeiter nur diese zwei Monate berücksichtigt, die Einkommensteuer wurde damit auf 0 Euro festgesetzt. Die 2 Monate wurden in einer Übersicht von NRW angezeigt. Die 9 Monate waren dagegen nur über eine Suche auffindbar, die das gesamte Bundesgebiet umfaßte.

Das FG Düsseldorf hatte die Klage abgelehnt. Der Bundesfinanzhof hat das FG-Urteil - analog zum oberen Fall - dagegen aufgehoben und der Klage stattgegeben.

 

3D-printed House - ein Haus für 4000 Dollar erstellt in weniger als einem Tag per 3D-Drucker - ICON und New Story wollen 100-Haus-Community in El Salvador aufbauen

15.03.2018 23:10:37, Jürgen Auer, keine Kommentare

Etwa eine Milliarde Menschen weltweit haben keinen Zugang zu adäquaten Wohnungen. ICON, ein US-Unternehmen, hat zusammen mit dem Non-Profit-Unternehmen New Story ein Verfahren entwickelt, wie - unter limitierten Bedingungen - Häuser per 3D-Drucker hergestellt werden können.

In Austin, Texas wurde nun ein solches Haus vorgestellt. Gedruckt von einem mobilen 3D-Drucker, Vulcan genannt. Er soll auch dann funktionieren, wenn Energie nur unzuverlässig zur Verfügung steht und wenn Trinkwasser nicht zum Hausbau genutzt wird. So, wie das in ländlichen Gegenden in El Salvador oder Haiti der Fall ist.
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New 3D-printed house can be built in less than a day for just $4,000

https://inhabitat.com/new-3d-printed-house-can-be-built-in-less-than-a-day-for-just-4000/

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Jason Ballard, der Co-Founder von ICON:

> “With 3D-printing, you not only have a continuous thermal envelope, high thermal mass, and near zero-waste, but you also have speed, a much broader design palette, next-level resiliency, and the possibility of a quantum leap in affordability. This isn’t 10 percent better, it’s 10 times better.”

Die Website von ICON:

What if you could download and print a home in 24 hours for half the cost? Icon is a construction technologies company dedicated to revolutionizing homebuilding.

https://www.iconbuild.com/home

Das Video, das Ausschnitte des Druckprozesses zeigt:

New Story + ICON : 3D Printed Homes for the Developing World

https://www.youtube.com/watch?v=SvM7jFZGAec

Der Drucker druckt "dicke Würste" und legt diese übereinander. Zwischen den so hochgezogenen Außen- und Innenwänden gibt es schräge Würste zur Stabilisierung.

New Story

https://newstorycharity.org/

hat wohl in den letzten vier Jahren bereits mehr als 800 Häuser in vier Ländern gebaut. Allerdings mit anderen Techniken. Und sucht nun Unterstützer, die die Kosten für ein Haus spenden.

Auf

What will the next phase of R&D include?

https://newstorycharity.org/3d-home/

findet sich eine Art Zeitplan. Demnach sollen bis Mitte April 600.000 Dollar gesammelt werden. Damit soll der Drucker noch weiterentwickelt und getestet werden. Dann wird er von Austin nach El Salvador gebracht, offenbar ist das aktuell noch ein Unikat. Dort sollen lokale Mitarbeiter damit arbeiten und schließlich die erste Community drucken. Zusätzlich werden 400.000 Dollar bis Ende Mai gesucht, mit denen die ersten 100 Häuser gedruckt werden sollen.

Spender können Patenschaften für Familien übernehmen, die am Ende in das vom Spender finanzierte Haus einziehen.

Mal sehen, wie sich das im Sommer weiterentwickeln wird. Wo man diese halbflüssige Betonmasse in El Salvador hernehmen soll, ist mir aktuell noch unklar.

Wer 250K spendet, nach dem wird eine Straße in einem dieser neuen Communities benannt. Für einen 500K-Spender wird ein Drucker nach dem Spender benannt.

Auf der Seite

Our Process: Local partners and community involvement allow us to operate in the smartest and most effective way.

https://newstorycharity.org/locals/

stellt New Story den Prozess vor, wie in den letzten Jahren bereits etwa 1.300 Häuser für Menschen in Haiti, El Salvador, Bolivien und Mexiko gebaut wurden.

Learn from Locals - People First Design - Community Planning: Keine einzelnen Häuser, sondern Communities mit 50 Häusern. Dazu Schulen, Spielmöglichkeiten und Möglichkeiten, zu arbeiten - Local workers and local Materials - Measure Impact - Learn and iterate.

Die Häuser wurden bislang von lokalen Arbeitskräften gebaut. Da würde nun der 3D-Printer eine erhebliche Beschleunigung produzieren. Allerdings kann der Drucker nicht alles: Fenster und Türen müssen eingesetzt werden. Die sanitären Anlagen sind einzurichten. Die Dachkonstruktion dürfte in El Salvador nicht so schick sein wie bei dem Modellhaus in Austin.

 

Google verschärft Regeln für Werbung - keine Ads für Bitcoin, Börsen für Kryptowährungen - foreign exchange markets - und binary Options - 3,2 Milliarden Ads 2017 geblockt

14.03.2018 23:05:40, Jürgen Auer, keine Kommentare

Ende Januar hatte das schon Facebook vorgemacht. Und Online-Werbung für Bitcoin, binary Options und andere Ads, die sich auf Kryptowährungen bezogen, per Policy untersagt.

Nun zieht Google nach, wobei das Verbot erst ab Juni 2018 greifen soll.

Auch bei Google sollen ab diesem Zeitpunkt diverse Bewerbungen von Bitcoin und anderen Kryptowährungen, Börsen für diese und binary Options untersagt werden.
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Ads: An advertising ecosystem that works for everyone

https://blog.google/topics/ads/advertising-ecosystem-works-everyone/

Der dort verlinkte Eintrag in den Adwords-Richtlinien: Finanzdienstleistungen: Neue Richtlinie zu eingeschränkt zulässigen Finanzprodukten (Juni 2018)

https://support.google.com/adwordspolicy/answer/7648803

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Ab dann soll gelten (Link 2):

> Nach Inkrafttreten der Richtlinienänderungen ist die Auslieferung von Anzeigen für Aggregatoren und Affiliates für folgende Produkte nicht mehr zulässig:
>
> Differenzkontrakte
> Devisenkassageschäfte
> Financial Spread Betting
> Binäre Optionen und ähnliche Produkte
> Kryptowährungen und zugehörige Inhalte

Die ersten drei können weiterhin beworben werden, falls die Werber sich von Google zertifizieren lassen. Das wird es nur in bestimmten Ländern geben. Dafür ist u.a. eine Lizenz der zuständigen Behörde für Finanzdienstleistungen notwendig. Unter

Zertifizierung für eingeschränkt zulässige Finanzprodukte

https://support.google.com/adwordspolicy/answer/7645254

ist das näher ausgeführt: Demnach sind im EU-Raum Bewerbungen zulässig,

> sofern der Anbieter dieser Produkte im Europäischen Wirtschaftsraum von einer zuständigen nationalen Behörde lizenziert ist.

Ferner gilt:

> Andere vor Ort geltende rechtliche Bedingungen, etwa Hebelbeschränkungen und Risikowarnungen, müssen ebenfalls erfüllt werden.

Das dürfte also die meisten "grauen Bewerbungen" stoppen.

Der erste Artikel erwähnt diese Einschränkungen erst im letzten Absatz. Davor wird aufgezählt, was so alles im letzten Jahr an Werbung blockiert wurde:

3,2 Milliarden Ads wurden geblockt, das sind mehr als 100 pro Sekunde. Das meiste wird geblockt, bevor das Leute zu Gesicht bekommen. Ferner:

> We blocked 79 million ads in our network for attempting to send people to malware-laden sites, and removed 400,000 of these unsafe sites last year. And, we removed 66 million “trick-to-click” ads as well as 48 million ads that were attempting to get users to install unwanted software.

79 Millionen Werbeanzeigen wurden geblockt, die Nutzer auf malware-verseuchte Sites schicken wollten. 400.000 dieser Sites wurden entfernt. 66 Millionen "trick-to-click"-Werbung, 48 Millionen Anzeigen, die unerwünschte Software installierte.

320,000 Publisher sind rausgeflogen, etwa 90.000 Websites wurden geblacklistet. Und 700.000 mobile Apps. Ferner wurden pro Monat 2 Millionen Seiten aus dem Partnernetzwerk entfernt, die gegen Policies verstoßen hatten.

Dann wurden Regeln für Sites verschärft, die Google-Werbung einblenden und versuchen, damit Geld zu verdienen. Etwa scheinbare News-Seiten:

> Essentially this means that you can’t serve ads if you’re pretending to be a legitimate news website based in London when you’re actually a content scammer in a different city.

Eine legitime News-Seite, scheinbar in London beheimatet, kann nicht jemandem gehören, der anderswo ein Contentspammer ist. Eine kleine Zahl von Publishern sei für die Mehrzahl dieser Fälle verantwortlich gewesen. 650 dieser Sites wurden geblockt, 90 Publisher ausgeschlossen.

Ähnlich Websites, die Content von anderswo klauen. 12.000 dieser Scraping-Websites seien geblockt worden. Das ging von 10.000 im Jahr 2016 hoch. Noch stärker war die Steigerung bei Websites mit scheinbar sensationellen Inhalten, die ganz andere Dinge verkauften. Etwa Diätpillen. Das ging von 1.400 (2016) auf mehr als 7000 Adwords-Accounts hoch, die geblockt wurden.

Der Artikel von Ende Januar zum Facebook-Stopp:

Interessante Entwicklung: Facebook stoppt Werbung für Finanzprodukte und Services wie Kryptowährungen, Initial Coin Offering (ICO) und binäre Optionen

https://blog.server-daten.de/de/2018-01-31/Interessante-Entwicklung--Facebook-stoppt-Werbung-fuer-Finanzprodukte-und-Services-wie-Kryptowaehrungen--Initial-Coin-Offering--ICO--und-binaere-Optionen-162

Damit wird ab Juni auf den beiden größten Werbeplattformen die Bewerbung dieser Produkte nicht mehr möglich sein.

Laut Bloomberg

Bitcoin Drops to Month Low After Google Bans Crypto Advertisements

https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-03-14/google-to-ban-cryptocurrency-initial-coin-offering-ads-in-june

sind - wie bei Facebook - auch Initial Coin Offering (ICO) vom Werbebann betroffen. Ferner sei der Bitcoin-Wert um 9,1 Prozent abgesackt, nachdem der Google-Beitrag bekannt wurde.

 

A new View of the Moon - Alex Gorosh und Wylie Overstreet lassen Passanten in Los Angeles den Mond durch ein mobiles Teleskop betrachten - awe - Ehrfurcht

13.03.2018 22:49:52, Jürgen Auer, keine Kommentare

Jeder von uns hat ihn schon oft gesehen: Der Mond, der die Erde als treuer Begleiter umkreist. Und sein Aussehen ändert: Vom Vollmond schrumpft er zur Sichel und zum Neumond - und wird dann wieder schrittweise größer.

Aber: Der Mond ist weit weg, nur eine winzige helle Scheibe am nächtlichen Himmel.

Wylie Overstreet als "Aufsteller" und Alex Gorosh, der die Szenen filmte, haben ein verblüffendes und faszinierendes Experiment durchgeführt. Wylie war mit einem mobilen Teleskop in Los Angeles unterwegs. Baute das auf, justierte es, so daß man den Mond in Nahaufnahme sah. Prompt wurde er von Passanten angesprochen. Und lud sie ein, einen Blick durch das Teleskop zu werfen. Alex filmte das.
.

A Short Film Captures the Reactions of LA Residents to Viewing the Moon Through a Traveling Telescope

http://www.thisiscolossal.com/2018/03/a-new-view-of-the-moon/

Das Video auf Vimeo: A New View of the Moon (ganz neu, 14 Stunden alt):

https://vimeo.com/259818647

> We took a telescope around the streets of Los Angeles to give strangers an up-close look at a familiar object; a new view of the moon.
>
> All of the footage in this short film was captured in-camera without any compositing in post-production.
>
> Music: Claire de Lune by Claude Debussy

Keinerlei Nachbearbeitung habe es gegeben.

18 Monate seien sie unterwegs gewesen. Sie hatten das Teleskop an möglichst unterschiedlichen Orten in Los Angeles aufgebaut. Und wollten sicherstellen, daß nicht irgendeine spezielle Gegend oder Nachbarschaft bevorzugt worden ist.

> Despite the range of individuals that snuck a peek at the orbiting astronomical body, each had the same reaction— complete awe.

Die Reaktion sei immer dieselbe gewesen: Ehrfurcht.

Eine schöne Formulierung von Wylie Overstreet:

> “It makes you realize that we are all on this small little planet, and we all have the same reaction to the universe we live in. I think there is something special about that, something unifying. It’s a great reminder that we should look up more often.”

Wir leben alle auf diesem kleinen Planeten. Und wir zeigen alle dieselbe Reaktion beim Anblick in das Universum, in dem wir leben. Es sei etwas sehr spezielles, etwas einheitsstiftendes. Eine großartige Erinnerung daran, daß wir öfters mal nach oben sehen sollten.

Der Text verweist darauf, daß man in lokalen Bibliotheken in den USA und in Großbritannien Teleskope ausleihen könne.

Die beiden Websites:

Alex Gorosh:

http://www.alexgorosh.com/

Wylie Overstreet

https://www.wylieoverstreet.com/

Die oben zitierte Formulierung taucht im Video als gesprochener Text auf.

Auf YouTube gibt es das Video ebenfalls:

A New View of the Moon

https://www.youtube.com/watch?v=XCrJ3NflOpE

> We took a telescope around the streets of Los Angeles to give passersby an up-close look at a familiar object: a new view of the moon.

Ein Kommentar auf YouTube:

> What a beautiful video. Really makes me happy to see so many different people excited like kids again.

 

Knife from Pasta or Katsuobushi - scharfes Küchenmesser - aus Nudeln hergestellt - japanischer Künstler macht Messer aus Nudeln, Schokolade, Fisch und Holz

12.03.2018 23:48:03, Jürgen Auer, keine Kommentare

Wenn Sie überlegen, ein Messer selbst herzustellen: Dann denken Sie womöglich, daß Sie dafür erst einmal wissen sollten, wie man Metall schmiedet. Und wie man das anschließend scharf schleift. Ein Holzgriff ist natürlich auch notwendig.

Aber geht das auch ganz anders? Mit "üblichen Küchenmaterialien"? Ein japanischer Künstler, dessen Name nicht in einer Übersetzung zu finden war, stellt scharfe Messer aus Nudeln und anderen Dingen her.
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This Super-Sharp Knife Made From Pasta Probably Cuts Better Than It Tastes

https://sploid.gizmodo.com/this-super-sharp-knife-made-from-pasta-probably-cuts-be-1823522699

Der YouTube-Kanal: 圧倒的不審者の極み!

https://www.youtube.com/channel/UCg3qsVzHeUt5_cPpcRtoaJQ

Das Video zum Messer aus Nudeln: schärfstes Nudelküchenmesser in der Welt

https://www.youtube.com/watch?v=MeNR0guNn70

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Pasta ist hart - und elastisch. Dann baut er sich erst einmal einen Rahmen, dessen Zweck später klar wird. Die eigentliche Herstellung:

Nudeln (lang und dünn) werden erst einmal zerbrochen und im Mixer zerkleinert. So daß das Ergebnis durch ein feines Sieb passt. Das wird mit wenig Wasser zu einer festen Masse geknetet, es folgt eine kleine Beimischung wohl von Hartweizengries. Das Ergebnis kommt in einen Vakuumbeutel, wird relativ flach ausgewalzt. Daraus wird die Rohform ausgeschnitten. Da dient ein normales Messer als Vorlage.

Dann kommt das in Wasser und in die Mikrowelle. Das Ergebnis wird in den am Anfang hergestellten Rahmen gelegt und eine Woche getrocknet.

Die so gebaute Rohform wird nun mit einem Hobel bearbeitet, so daß eine Schneide entsteht. Dann kommt eine ganze Reihe von Schleifsteinen zum Einsatz. Die wohl schrittweise immer feiner werden. Damit ist das erste Messer etwa nach 6,5 Minuten Video fertig.

Die Herstellung war aber wohl doch zu aufwendig. Eine zweite Variante nutzt eine Silikon-Hohlform (Basis: Das Küchenmesser) und füllt in diese den Pastateig ein. Dann kommt das in einen Vakuumbeutel und in die Mikrowelle. Wird danach aus der Silikonform genommen und ebenfalls im Rahmen eine Woche getrocknet. Das Schleifen und Schärfen erfolgt nach demselben Muster.

Zumindest Tomaten ließen sich damit wunderbar schneiden. Und die Spitzen sind auch so scharf, daß man damit problemlos in einen Pappkarton Schlitze reinstechen kann. Oder eine Plastikflasche ansticht.

Nach all diesen Demonstrationen ist der Künstler hungrig. Setzt einen Topf mit Salzwasser auf. Stellt das Messer schräg rein. Dann wird Käse geschmolzen. Und das nun weiche Messer genüßlich zerschnitten und verspeist.

Das "Schokoladenmesser" basiert auf einer eigenen Schokolade: Japanische Murmeln, die wohl größtenteils aus Zucker sind, gemischt mit Kakao.

Essen kann geschnitten werden. Küchenmesser mit Schokolade

https://www.youtube.com/watch?v=Jct33SgQofY

Die Basis für das Fischmesser

Mach ein Messer mit Welt Nr.1 hartem Essen

https://www.youtube.com/watch?v=Put2ZUgYph0

ist Katsuobushi - dried bonito

https://de.wikipedia.org/wiki/Katsuobushi

Getrockneter und geräucherter Bonito, eine Fischart. Das sieht wie ein Stück Holz aus. Mit einem Hobel lassen sich davon dünne Stücke abhobeln und für Suppe verwenden.

Ein Stück Katsuobushi ist so hart, daß man damit Nägel einschlagen kann.

Das Fischmesser wird komplett aus diesem Katsuobushi-Stück hergestellt: Erst per Hobel die Grundform, dann wieder das Schleifen. Das Messer ist so scharf, daß gegen Ende des Videos eine übliche Getränkedose mit einem Hieb in der Mitte durchstochen werden kann. Und alles, was vom ursprünglichen Katsuobushi weggehobelt wurde, kann natürlich weiterhin zum Essen verwendet werden.

Wer es nachmachen möchte: Da stecken diverse zusätzliche handwerkliche Fähigkeiten drin, die man erst einmal mitbringen muß. Und ein gewisser Materialeinsatz.

 

Freie Journalisten in Deutschland - etwa 9600 der 41250 hauptberuflich tätigen Journalisten sind frei - 28 Prozent verdienen weniger als 1800 Euro

11.03.2018 23:48:38, Jürgen Auer, keine Kommentare

In der neuen Online-Zeitschrift Journalistik wurde ein interessanter Artikel zur Lage der frei tätigen Journalisten veröffentlicht. Basis sind Daten der international-kollaborativen Worlds of Journalism Study.

Das DFG-geförderte Projekt umfaßte 775 Interviews mit festangestellten und freien Journalisten. Die Auswertung stammt von Nina Steindl, Corinna Lauerer und Thomas Hanitzsch von der Ludwig-Maximilians-Universität München.
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„Die Zukunft ist frei!”: Eine Bestandsaufnahme des freien Journalismus in Deutschland

http://journalistik.online/ausgabe-012018/die-zukunft-ist-frei/

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Die drei Leitfragen:

> FF1: Wer ist der „typische“ Freie in Deutschland?
> FF2: In welchen Bereichen und Positionen sind freie Journalist*innen tätig?
> FF3: Welches Rollenverständnis leitet ihre journalistischen Tätigkeiten an?

Betrachtet wurden lediglich professionell tätige Journalisten. Diese erwirtschaften mindestens 50 Prozent ihres Einkommens mit journalistischen Tätigkeiten.

Neben den "freien Journalisten" gibt es "fest angestellte Journalisten", diese sind als Arbeitnehmer tätig. Ferner gibt es "feste Freie", diese haben aber länger laufende Verträge mit Kündigungsfristen und monatlichen Pauschalen.

"Richtig freie Journalisten" sind Selbständige, die Texte und Bilder eigenständig vermarkten. Allerdings scheinen laut einer späteren Tabelle "feste Freie" und Pauschalisten hier zu den Freien zu zählen. Das sind 137 Personen der insgesamt 775 Befragten.

Die Freien sind eher männlich (58,5 %), eher links und haben 18,08 Jahre Berufserfahrung. Der Akademikergrad ist mit 82 % relativ hoch und gegenüber früheren Studien deutlich gestiegen.

Unter 1800 Euro verdienen 27,9 Prozent pro Monat, bei Festangestellten sind das nur 15 %. Allerdings entfällt bei Freien der Arbeitgeberanteil zu den Sozialversicherungen, so daß ein 1800-Euro-Einkommen pro Monat eigentlich zu wenig ist.

Besonders hoch (mit 52,1 %) ist der Anteil der unter 1800 Euro verdienenden Journalisten in Lokalmedien. Bei regionalen Medien sind das 14,9 %, bei nationalen Medien 20 %. Bei Männern liegt die Quote bei 23,3 %, bei Frauen bei 35,4 %.

Bei einer Grundgesamtheit von 137 Personen waren 8,8 % Pauschalisten, 46 % feste Freie und nur 45,3 % richtig freie Journalisten.

Beim Radio sind mit 35,8 % die meisten beschäftigt, gefolgt von Zeitschriften (31,4 %) und Fernsehen (23,4 %). Erst dann folgen mit 19,7 % Tageszeitungen.

54 % arbeiten für mehr als zwei Auftraggeber. Ferner haben 32,6 %, also knapp 1/3, eine Nebentätigkeit außerhalb des Journalismus.

Die Autonomie müßte ja eigentlich hoch sein:

> Auch unsere Daten zeigen, dass 68,1 Prozent der freien Journalist*innen viel bzw. volle Autonomie im Hinblick auf Entscheidungen über die Auswahl von Geschichten sowie 72,6 Prozent hinsichtlich der Entscheidungen, welche Aspekte in einer Geschichte betont werden sollen, empfinden.

Tatsächlich sind die Werte bei Festangestellten aber um etwa 10 % höher.

Was sind die wichtigsten eigenen Aufgaben? "Dinge so zu berichten, wie sie sind" ist für 86,6 % extrem wichtig und sehr wichtig, "Aktuelles Geschehen einordnen und analysieren" kommt auf 83,1 %, "Ein unparteiischer Beobachter sein" auf 81,0 %. Das sind die wichtigsten Punkte. "Toleranz und kulturelle Vielfalt fördern" folgt mit 65,5 % und einem gewissen Abstand.

Interessante Daten. Die Autoren interpretieren die geringere Autonomie der Freien mit der Notwendigkeit, die eigenen Artikel verkaufen zu müssen.

> Dies könnte dem Umstand geschuldet sein, dass sich die Freien den Bedürfnissen der Auftraggeber anpassen müssen. Denn um Geld zu verdienen, müssen die Medienhäuser als Käufer ihrer journalistischen Produkte befriedigt werden.

Wobei das auch für andere Berufsgruppen gelten dürfte. Setze ich als IT-ler einen Wunsch 1:1 um, den ich für fachlich schlecht halte? Oder weise ich den Interessenten darauf hin, daß sein Vorschlag unvollständig ist und zu Problemen führen wird? Mit dem Risiko, dadurch den Auftrag zu verlieren?

Die "zunehmende Präkarisierung"

> Zusammen mit überschaubaren Netto-Gehältern, die sie im Journalismus erzielen, wirft dies erneut die Frage einer zunehmenden Präkarisierung im Journalismus auf

scheint in der Branche ein Thema zu sein.

 

Instagram-Influencer als Inszenierung - 10000 Dollar Schulden, um die Illusion eines perfekten Lebens zu erzeugen - die 26-jährige Lissette Calveiro

10.03.2018 23:57:17, Jürgen Auer, keine Kommentare

Das Agieren auf Social-Media-Plattformen: Für die einen ist das ein spannender Austausch. Für andere ist es beruflicher Zweck. Dritte mögen Social-Media-Plattformen vorrangig zur Unterhaltung, zum Quatschen oder zum Trollen verwenden.

Aber es gibt auch jene, die versuchen, sich so eine Scheinwelt aufzubauen. Die Illusion von einem perfekten Leben. Dazu scheint sich Instagram besonders gut zu eignen.

Wenn man dort immer wieder tolle Photos einstellt. Die einen auf Reisen, vor Flugzeugen und an "teuren Orten" zeigen.

Lissette Calveiro berichtet das von sich selbst. 10.000 Dollar Schulden, nur um auf Instagram "gut auszusehen".
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26-Year-Old Instagram Influencer Put Herself $10,000 In Debt To Create An Illusion Of A Perfect Life

https://www.boredpanda.com/instagram-influencer-debt-lissettecalveiro/

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Eigentlich arbeitet sie im PR- und Marketingbereich.

> In her early 20’s Lissette decided to become and work as an Instagram Influencer, spending more money than she was making on anything that would make her everyday life look ideal for her followers. While she was still living with her parents, she could still manage the ever growing debt, but when she moved to NY in 2016, the reality hit her hard.

In ihren frühen 20-er Jahren wollte sie ein Instagram-Influencer werden. Und sie gab mehr Geld aus als sie mit ihren Jobs verdiente. Auf daß ihr Leben "ideal für ihre Follower" aussehen möge.

Solange sie bei ihren Eltern wohnte, konnte sie die wachsenden Schulden noch bewältigen. Das änderte sich, als sie 2016 nach New York zog. Da schlug die Realität zu.

Nach New York ziehen - das war in ihrem Plan enthalten. Aber dann folgte eine interessante Einsicht:

> ”I felt that I was not going to be able to fully live out this experience if I had credit card debt looming over my head. I was confident I would pay it off ‘eventually,’ but had to do it quickly in order to live a peaceful life.”

Sie merkte, daß sie diese Erfahrung nicht richtig machen konnte, wenn ihr ihre Kreditschulden über den Kopf wuchsen. Sie war zwar zuversichtlich, daß sie die Schulden "eventuell" zurückzahlen würde, aber dann wollte sie das schnell erledigen - um ein "friedliches Leben" führen zu können.

Mit viel Arbeit und Selbstkontrolle hat sie nun ihre Schulden auf Null gebracht und lebt ihr Leben nach ihren Möglichkeiten.

> Lissette believes, that overspending to portray an idealistic image of one’s life is a common issue and that it should be discussed. “Talking about personal finance shouldn’t be taboo, or something to be afraid of,” she said.

Sie meint, daß zu hohe Geldausgaben, die ein ideales Leben vorgaukeln, ein weit verbreitetes Verhalten seien, das eigentlich diskussionswürdig sei. Das Sprechen über die eigene finanzielle Situation sollte kein Tabu sein, nichts, vor dem Leute Angst haben sollten.

Ihr Instagram-Account: Lissette Calveiro

https://www.instagram.com/lissettecalv/

Dazu gibt es noch eine Website mit einem Blog:

Marketable millennial

http://www.marketablemillennial.com/

A Community for Millennials by Millennials

In der Rubrik "Personal Growth"

http://www.marketablemillennial.com/blog?category=Personal%20Growth

finden sich dazu auch ein paar Dinge.

Dem Beitrag auf boredPanda liegt ein Beitrag auf Cosmopolitan zugrunde:

This Woman Ran Up $10,000 in Debt Trying to Become an Instagram Influencer

"Instagram, or any picture-perfect life, is not worth going into debt for."

https://www.cosmopolitan.com/career/a19180136/instagram-influencer-lissette-calveiro-debt/

Da beschreibt sie genauer, was sie gemacht hat: Das Reisen und das Einkaufen wurden gestoppt. Der Job wurde wichtiger gegenüber dem Posten von Beiträgen. Dann folgt ein interessanter Satz:

> What was most difficult for her, though, was "understanding how to live under [her] means." She ended up renting an apartment "about half the monthly cost of what [she] could have comfortably afforded" which "allowed [her] to make huge payments to [her credit] cards.

Das Schwierigste war, herauszufinden, was es heißt, nach den eigenen Möglichkeiten zu leben. Sie mietete schließlich ein Apartment an, das halb so teuer war wie das, was sie sich eigentlich hätte leisten können. Das ermöglichte es ihr, die Kreditkartenschulden schnell auszugleichen.

 

Beesharing - ein Bienenbildungscontainer für den Hamburger Grossmarkt - Projekt bei Startnext

09.03.2018 23:49:46, Jürgen Auer, keine Kommentare

Bienen sind für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen unerläßlich. Ohne Bestäubung gäbe es nicht so reichhaltige und vielfältige Früchte. Gleichzeitig sind die Lebensbedingungen für Bienen schwieriger geworden. Auf dem Land gibt es teils sehr große Monokulturen. Mit dem Ergebnis, daß es hier in Berlin bald mehr Möglichkeiten für Bienen gibt als in Brandenburg. Meines Wissens nach gibt es sogar in Gebäuden des Bundestags Bienenvölker.

Auf Startnext gibt es ein Projekt, das versucht, Bienen im Hamburger Grossmarkt anzusiedeln. Der Beesharing Bienencontainer.
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Beesharing Bienencontainer

https://www.startnext.com/beesharing

Das Video zur Kampagne: Mehr Bildung für Hamburg! Unterstütze jetzt unseren Bienencontainer!

https://www.youtube.com/watch?v=CA8jGIFY_OU

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In der Zeit vom 16.02.2018 bis zum 28.03.2018 sollen 30.000 Euro an Spendengeldern gesammelt werden.

Im April 2018 soll ein umgebauter Schiffscontainer als Bienenstand am Großmarkt aufgestellt werden. Der bietet Platz für bis zu einer Million Bienen.

Gleichzeitig wird Imkerzubehör vorgestellt, Besucher können etwas über Bienen lernen, Schulklassen können vorbeikommen.

Die Zielgruppe:

> Unser Projekt richtet sich an Imker und Bienenfreunde:
> Immer mehr Städter entdecken die urbane Bienenhaltung für sich und stellen ihre Bienenstöcke auf Dächer, in Kleingärten oder Hinterhöfen auf.
> Wir zeigen dir mit unserem Bienencontainer wie moderne Imkerei funktioniert und was du tun kannst, um Bienen im eigenen Umfeld zu unterstützen.

Insgesamt sollen dort 20 Bienenvölker entstehen, also etwa 50.000 Bienen pro Volk.

Verantwortlich sind die drei Bestäubungsimker Otmar Trenk, Wolfgang Reuter und Nils Gerber.

Diese hatten das Netzwerk Beesharing

https://www.beesharing.eu/de/

gegründet.

Ein Problem: Imker werden älter, hören auf. Damit reduziert sich die Zahl der Bienenvölker, damit gibt es weniger Bestäubungen.

Laut

Bestäubungsimker: Was macht eigentlich ein „Bestäubungsimker"?

https://www.bestaeubungsimker.de/201

> Obstblüte und Honigbiene sind optimal aufeinander angepasst und seit Jahrmillionen ein eingespieltes Team. Ob Erdbeere, Apfel, Kirsche oder Pflaume – ohne eine ausreichende Menge Bestäuber zum richtigen Zeitpunkt bringt der tollste Blütenansatz keinen guten Ertrag.

Werden Bienen bsp. bei Raps gezielt zur Bestäubung eingesetzt, kann der Ertrag um bis zu 50 Prozent gesteigert werden.

Die Wirkung:

> In vielen Staaten hat sich als wirtschaftliche Folge eine „Bestäubungsindustrie“ etabliert, ein eigener Zweig der Imkerei, der nicht aus dem Ertrag der Imkereiprodukte sondern durch das professionelle „Vermieten“ von Bienenvölkern für Bestäubungsdienste sein Einkommen erzielt.

Da geht es also nicht vorrangig darum, Honig und Bienenwachs herzustellen. Sondern darum, daß Bienenvölker zum gezielten Bestäuben vermietet werden. In anderen Ländern, etwa in den USA, ist das dagegen weitaus häufiger verbreitet.

 

Bundesfinanzhof: Wird durch Insolvenzverfahren entstandene Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit vom Insolvenzverwalter nicht beglichen, können spätere Erstattungen damit verrechnet werden - VII R 1/16

08.03.2018 23:45:41, Jürgen Auer, keine Kommentare

Wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, dann kann die Verwertung der Insolvenzmasse steuerlich dazu führen, daß sich eine Zahlungsverpflichtung zur Einkommensteuer ergibt. Für die Zahlung ist jedoch der Insolvenzverwalter zuständig, der erst einmal die Gläubiger bezahlt. Damit bleibt diese Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit liegen.

Wird das Insolvenzverfahren wegen Masseunzulänglichkeit eingestellt, dann kann dem Schuldner Restschuldbefreiung gemäß der Insolvenzordnung gewährt werden. Damit ist der Schuldner erst einmal schuldenfrei und kann neu starten.

Aber was ist, wenn der nun ehemalige Schuldner wieder berufstätig wird und sich innerhalb dieser Tätigkeiten Erstattungsansprüche gegenüber dem Finanzamt ergeben?

Dann darf das Finanzamt diese Erstattungsansprüche mit der "liegengebliebenen Einkommensteuer" verrechnen.

So der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom November 2017, zu dem nun eine Pressemitteilung veröffentlicht wurde.
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Keine Restschuldbefreiung für Masseverbindlichkeiten - Urteil vom 28.11.2017 VII R 1/16

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=35745&linked=pm

Das Urteil: BUNDESFINANZHOF Urteil vom 28.11.2017, VII R 1/16 - ECLI:DE:BFH:2017:U.281117.VIIR1.16.0

Aufrechnung mit als Masseverbindlichkeiten entstandenen Steuerschulden nach Abschluss des Insolvenzverfahrens

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=35757&linked=urt

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Der Hauptsatz:

> Ist Einkommensteuer im Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeit entstanden, aber vom Insolvenzverwalter aufgrund von Masseunzulänglichkeit nicht beglichen worden, darf das Finanzamt (FA) die Steuerschuld nach Abschluss des Insolvenzverfahrens mit Erstattungsansprüchen des ehemaligen Insolvenzschuldners verrechnen. Eine dem Insolvenzschuldner erteilte Restschuldbefreiung steht dem nicht entgegen

Die Zeiträume zwischen den einzelnen Entscheidungen finden sich im Urteil (RN 1 - 3):

> 1. Über das Vermögen des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) wurde am 15. März 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Für das Jahr 2008 entstand aufgrund der Verwertung von Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter Einkommensteuer, die aus der Masse nicht bezahlt wurde.
>
> 2. Am 20. März 2012 zeigte der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit an. Am 15. Juli 2013 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt; dem Kläger wurde Restschuldbefreiung erteilt.
>
> 3. Mit Bescheid vom 27. März 2015 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Einkommensteuer für 2013 fest. Aufgrund von Vorauszahlungen und einbehaltener Lohnsteuer führte die Festsetzung zu einem Erstattungsanspruch des Klägers. Diesen verrechnete das FA mit der noch offenen Forderung aus Einkommensteuer 2008 und erließ am 31. März 2015 einen entsprechenden Abrechnungsbescheid.

Dagegen Einspruch, der wurde zurückgewiesen. Das Finanzgericht hatte der Klage noch stattgegeben. Die dagegen gerichtete Revision führte nun zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage. Denn:

> Masseverbindlichkeiten werden nach seinem Urteil [dem BFH-Urteil vom November 2017] weder von einer Restschuldbefreiung erfasst - dies hatte der Bundesgerichtshof (BGH) bislang offengelassen - noch steht der Verrechnung eine sich aus dem Insolvenzverfahren ergebende Haftungsbeschränkung entgegen.

Ein Insolvenzverfahren hat zwar den Zweck, daß der Schuldner sich von seinen Verbindlichkeiten befreien kann. Aber:

> Die Restschuldbefreiung nach § 301 InsO sei aber ausdrücklich auf Insolvenzgläubiger beschränkt.

Der Bundesfinanzhof verweist auf den expliziten Gesetzestext:

> Hätte der Gesetzgeber die Restschuldbefreiung auch auf Masseverbindlichkeiten erstrecken wollen, so hätte er dies entsprechend regeln müssen.

Zentrals sind die RN 13 + 14 aus dem Urteil:

> Die Restschuldbefreiung wirkt gemäß § 286 und § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO gegen alle Insolvenzgläubiger. Insolvenzgläubiger sind alle persönlichen Gläubiger des Schuldners, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Der anspruchsbegründende Tatbestand muss also bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sein

Damit fallen Forderungen, die erst später entstanden sind, nicht unter die Restschuldbefreiung.

> Massegläubiger (§ 53 InsO) sind keine Insolvenzgläubiger und Masseverbindlichkeiten sind keine Insolvenzforderungen. Daher werden Masseverbindlichkeiten nach dem eindeutigen Wortlaut des § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO und der Systematik der §§ 35 ff. und 286 ff. InsO von der Restschuldbefreiung nicht erfasst.

§ 301 der Insolvenzordnung lautet ( https://www.gesetze-im-internet.de/inso/__301.html ):

> § 301 Wirkung der Restschuldbefreiung
>
> (1) Wird die Restschuldbefreiung erteilt, so wirkt sie gegen alle Insolvenzgläubiger. Dies gilt auch für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben.

Da steht eben nicht drin, daß die Restschuldbefreiung auch für Masseverbindlichkeiten gilt. Da der Gesetzgeber das nicht anders geregelt hat, fallen Masseverbindlichkeiten nicht unter die Restschuldbefreiung.

 

2018 Sony World Photography Awards Shortlist - ein Ausschnitt von zwanzig Photos - beeindruckende Bilder aus der ganzen Welt

07.03.2018 23:42:41, Jürgen Auer, keine Kommentare

Bei der World Photography Organisation gibt es auf der Website einen Punkt "Sony World Photography Awards". Ein großer Photowettbewerb, der wohl seit Jahren durchgeführt wird.

Der Wettbewerb für 2018 ist bereits geschlossen. Etwa 320.000 Einsendungen aus mehr als 200 Ländern gab es.

Daraus wählte die Redaktion von thisiscolossal 20 Photos aus.
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Photography: Highlights from the 2018 Sony World Photography Awards Shortlist [20 Photos]

http://www.thisiscolossal.com/2018/03/2018-sony-world-photography-awards-shortlist/

Die Unterseite bei WorldPhoto: Sony World Photography Awards

https://www.worldphoto.org/sony-world-photography-awards

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Die 10 Kategorien des "Open-Wettbewerbs" werden am 20.03.2018 vorgestellt. Alle anderen (es gibt insgesamt 4 Wettbewerbe) folgen am 19.04.2018.

Das linke Bild aus der Vorschau:

© Lin Chen, China, Commended, Open, Travel (Open competition)

Es zeigt diverse Boote von oben.

Besonders faszinierend finde ich das drittletzte Bild:

Walking, © Suphakaln Wongcompune, Thailand, Commended, Open, Travel (Open competition)

Auf sehr hohen Pfosten ruht ein Steg, hoch über dem Wasser. Vier Frauen laufen oben. Die erste mit Fahrrad, die beiden nächsten transportieren irgendetwas größeres auf ihren Köpfen. Die vierte scheint nichts gesondert dabei zu haben. Dann folgt ein Hund.

In Deutschland wäre so ein Steg undenkbar: Das müßte von der Bauaufsicht abgenommen werden, da fehlen Sicherheitsgeländer.

Ein paar Bilder höher:

Before sunrise, Mount Kilauea volcano © Joseph Anthony, United Kingdom, Commended, Open, Landscape & Nature

Heißes Magma ergießt sich ins Wasser. Blaue und graue Farbtöne, dazwischen das hellgelbe Magma.

Etwas drüber: Ebenfalls eine Luftaufnahme, wohl wie das Photo aus der Vorschau per Drohne aufgenommen.

Patterns of Glacial River, © Manish Mamtani, India, Shortlist, Open, Travel (Open competition)

Ein Fluß mit einer Brücke und einem Auto. Das Wasser mit verblüffenden Farbmustern. Wobei die Suche nach "Glacial River" keine näheren Auskünfte lieferte.

Mammatus, © Mitch Dobrowner, United States of America, Shortlist, Professional, Natural World & Wildlife

Intensive Mammatus-Wolken: Beutelartige, an der Unterseite von Wolken hängende Ausformungen. Als ob gleich ein entsetzlicher Sturm über dem weiten Land ausbricht.

Schließlich das Photo ganz oben:

Magical Sunrise, © Marcelo Portella, Brazil, Commended, Open, Landscape & Nature

Lauter Pflanzen, die von innen heraus zu leuchten scheinen. Dabei sind es "nur" die helleren Farben, die diesen Eindruck hervorrufen.

Diejenigen, die es auf die Shortlists geschafft haben, nehmen an einer Ausstellung im Somerset House, London teil.

Den "richtigen Augenblick", den "richtigen Ausschnitt" erwischen. Nach womöglich stundenlangem Warten oder Herumsuchen.

 

Europäischer Gerichtshof - EuGH - kippt Schiedsgericht-Regelung in Bilateral-Investment-Treaty-Abkommen (BIT) - Schiedsgerichte in Freihandelsabkommen betroffen - C-284/16

06.03.2018 23:06:39, Jürgen Auer, keine Kommentare

Der Europäische Gerichtshof hat mit einer heutigen Entscheidung der Großen Kammer ein Urteil gefällt, das für die Zukunft wohl diverse Auswirkungen haben dürfte.

Denn es gibt diverse Freihandelsabkommen (teils abgeschlossen, teils noch vor dem Abschluß, etwa Ceta mit Kanada), die im Fall von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien Schiedsgerichte vorsehen. Vertragspartner können diese Schiedsgerichte anrufen, diese treffen schließlich eine Entscheidung.

Aber ist dieses Prinzip bzw. ist die entsprechende Vertragsklausel mit europäischem Recht vereinbar? Nein, so der Europäische Gerichtshof in einem Urteil von heute.

Das von der "Großen Kammer", also von sehr vielen Richtern entschieden wurde.
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Das Urteil: „Vorlage zur Vorabentscheidung – Bilaterales Investitionsschutzabkommen, das 1991 zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik geschlossen wurde und zwischen dem Königreich der Niederlande und der Slowakischen Republik weitergilt – Bestimmung, die es einem Investor einer Vertragspartei bei einer Streitigkeit mit der anderen Vertragspartei ermöglicht, ein Schiedsgericht anzurufen – Vereinbarkeit mit den Art. 18, 267 und 344 AEUV – Begriff ‚Gericht‘ – Autonomie des Unionsrechts“

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=199968&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=475838

Die Pressemitteilung (PDF): Die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar

https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-03/cp180026de.pdf

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Der Hauptsatz aus der PM:

> Diese Klausel entzieht dem Mechanismus der gerichtlichen Überprüfung des Unionsrechts Rechtsstreitigkeiten, die sich auf die Anwendung oder Auslegung dieses Rechts beziehen können.

Es gab 1991 ein Abkommen zwischen der ehemaligen Tschechoslowakei und den Niederlande zur Förderung und zum Schutz von Investitionen (Bilateral Investment Treaty - BIT). Das BIT bestimmt, daß Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei gütlich oder vor einem Schiedsgericht beizulegen sind.

Die Tschechoslowakei löste sich auf, die Slowakei trat in den Vertrag ein. 2004 öffnete die Slowakei den Markt für private Krankenversicherungen. Achmea, ein zu einem niederländischen Versicherungskonzern gehörendes Unternehmen gründete eine Tochtergesellschaft in der Slowakei. 2006 machte die Slowakei die Lieberalisierung teils rückgängig und untersagte Gewinnausschüttungen aus dem Krankenversicherungsgeschäft. 2008 leitete Achmea auf BIT-Grundlage ein Schiedsgerichtverfahren ein und meinte, daß ihr ein Vertragsschaden entstanden sei. 2012 entschied das Schiedsgericht, daß die Slowakei gegen das BIT verstoßen habe und verurteilte die Slowakei zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 22,1 Millionen Euro.

Daraufhin erhob die Slowakei beim OLG Frankfurt (Frankfurt am Main war Schiedsort) Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs. Die Schiedsklausel würde gegen mehrere Bestimmungen des europäischen Vertrags verstoßen. Das OLG Frankfurt wies die Klage ab, dagegen Beschwerde beim Bundesgerichtshof. Dieser hatte ein Vorabentscheidungsersuchen beim Europäischen Gerichtshof eingereicht, um zu erfahren, ob die von der Slowakei angefochtene Schiedsklausel mit dem AEU-Vertrag vereinbar sei.

Der Bundesgerichtshof teilte die Einwände der Slowakei eher nicht (Urteil RN 14).

> Die Slowakische Republik äußert insoweit Zweifel an der Vereinbarkeit der Schiedsklausel in Art. 8 des BIT mit den Art. 18, 267 und 344 AEUV. Auch wenn das vorlegende Gericht diese Zweifel nicht teilt, hält es gleichwohl für seine Entscheidung über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit eine Befassung des Gerichtshofs mit dem Vorabentscheidungsersuchen für erforderlich, da der Gerichtshof über diese Fragen bislang nicht entschieden habe und sie wegen der zahlreichen bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen Mitgliedstaaten, die eine ähnliche Schiedsklausel enthielten, von erheblicher Bedeutung seien.

Europapolitisch ist die Sache sehr brisant:

> Die Tschechische Republik, Estland, Griechenland, Spanien, Italien, Zypern, Lettland, Ungarn, Polen, Rumänien und die Europäische Kommission haben Erklärungen zur Unterstützung des Vorbringens der Slowakei eingereicht, während Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Österreich und Finnland die streitige Klausel und – allgemeiner – ähnliche Klauseln in den 196 gegenwärtig zwischen den Mitgliedstaaten der EU bestehenden BIT für gültig halten.

10 EU-Staaten plus die Europäische Kommission gegen 5 EU-Staaten, darunter Deutschland und Frankreich. Ferner wirkt sich das auf dramatisch viele andere BIT aus.

Die Begründung ist "deutlich":

Das Schiedsgericht müsse alle erheblichen Abkommen berücksichtigen, die für die Vertragsparteien gelten. Das Unionsrecht ist autonom, es hat Vorrang vor dem Recht in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Die Konsequenz:

> Daher kann das fragliche Schiedsgericht unter diesen beiden Aspekten das Unionsrecht und insbesondere die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Kapitalverkehr auszulegen oder sogar anzuwenden haben.

Das Schiedsgericht muß Unionsrecht beachten. Ok, da könnte man ja noch sagen: Mag es das tun.

Aber: Das Schiedsgericht - siehe der vorliegende Fall - hat einen Ausnahmecharakter. Es gehört weder zum niederländischen noch zum slowakischen Gerichtssystem. Folglich ist es nicht befugt, ein Vorabentscheidungsersuchen bei EuGH zu stellen:

> Folglich kann dieses Schiedsgericht nicht als Gericht „eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV eingestuft werden und ist daher nicht befugt, den Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsersuchen anzurufen.

Nun kann - theoretisch - ein Schiedsspruch von einem örtlich zuständigen Gericht überprüft werden. Aber: Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist - eigentlich - endgültig. Ferner kann das Schiedsgericht seine eigenen Verfahrensregeln und seinen Ort selbst festlegen. Damit wird auch das Recht gewählt, nach dem eine gerichtliche Überprüfung des Schiedsspruchs möglich wäre.

Nur: Eine solche gerichtliche Überprüfung ist nur dann gestattet, wenn das nationale Recht dieses erlaubt. Das ist hier nicht der Fall. Das deutsche Recht sieht nur eine beschränkte Überprüfbarkeit vor. Das ist dem Europäischen Gerichtshof zu wenig. Folglich:

> Aus diesen Gründen kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Slowakei und die Niederlande mit dem Abschluss des BIT einen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten geschaffen haben, der nicht sicherzustellen vermag, dass über diese Streitigkeiten ein zum Gerichtssystem der Union gehörendes Gericht befindet, wobei nur ein solches Gericht in der Lage ist, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten.

Damit ist die Konsequenz klar: EU-Recht kann gegebenenfalls nicht durchgesetzt werden. Also ist die Klausel nicht mit EU-Recht vereinbar.

> Unter diesen Umständen beeinträchtigt die im BIT enthaltene Schiedsklausel die Autonomie des Unionsrechts und ist daher nicht mit ihm vereinbar.

--

Interessant ist die RN 45 im Urteil:

> In der Rechtssache des Ausgangsverfahrens ist das Schiedsgericht jedoch kein Teil des in den Niederlanden und in der Slowakei bestehenden Gerichtssystems. Im Übrigen ist gerade der Ausnahmecharakter seiner Gerichtsbarkeit im Verhältnis zu der der Gerichte dieser beiden Mitgliedstaaten einer der Hauptgründe für das Bestehen von Art. 8 des BIT.

Die Klausel wurde also eingeführt, um das Schiedsgericht den Gerichtssystemen der beiden Vertragsparteien zu entziehen. Das Schiedsgericht muß aber Unionsrecht beachten, kann jedoch - da außerhalb des niederländischen und des slowakischen Rechts stehend - selbst kein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH stellen -> damit ist die Klausel nicht mit EU-Recht vereinbar.

Das Urteil dürfte "ziemlich massive Auswirkungen" haben. Sprich: Es gibt keine Sonderjustiz für Konzerne. Im Streitfall muß ein ausländischer Konzern vor der lokalen Gerichtsbarkeit klagen.

 

Surreale Photo-Manipulationen von Bildern - nicht als Spielerei, sondern als eigenständige Kunstwerke - die Bilderwelten von Sergey Dryutskiy

05.03.2018 23:45:11, Jürgen Auer, keine Kommentare

"Mit Photoshop ein Bild manipulieren" - das kann doch jeder. So möge vielleicht der eine oder andere denken. Da werden Leute wegretuschiert oder schlanker gemacht. Oder Farben werden ausgetauscht.

Ganz anders sind die Bilderwelten von Sergey Dryutskiy aufgebaut. Da sind die Photos das Ausgangsmaterial. Und ein Werkzeug wie Photoshop oder etwas ähnliches ist eben ein Werkzeug: Um aus dem "Rohmaterial Bilder" etwas Neues zu erschaffen, das nun um Dimensionen über das Ausgangsmaterial hinausgeht. Wie ein Maler, der aus Farben etwas Neues erschafft. Hier sind Photos das Ausgangsmaterial.

"Photo Manipulationen" trifft es deshalb nicht so wirklich. Es werden nicht Arme und Beine verschlankt und Hautunebenheiten beseitigt. Sondern es werden ganz neue Bilder produziert. Die es davor nicht gab.

Das Ergebnis sind Bilder, die eigene Bilderwelten erschaffen. Die Logik sträubt sich zunächst - und das Bild zieht einen aber dann in seinen Bann.

Etwa die Leute auf dem Skateboard: Vor denen eine atemberaubende Fahrt zu liegen scheint.
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“If We Are Gonna Perform Inception Then We Need Imagination”: Surreal Photo Manipulations By Sergey Dryutskiy

https://designyoutrust.com/2018/02/gonna-perform-inception-need-imagination-surreal-photo-manipulations-sergey-dryutskiy/

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Für den Anfang - benötigen wir Imagination.

> Sergey’s manipulations open the door to his imaginative world, where a beautifully intriguing landscapes boast surreal elements.

Die Bilder öffnen die Tür zu seiner imaginativen Welt - schöne Landschaften mit surrealen Elementen.

Das zweite Bild (oben rechts in der Vorschau zu sehen) ist ähnlich wie das erste: Nicht jemand auf dem Skateboard, sondern ein "kleiner Bus als Wohnmobil". Vor dem eine atemberaubende Strecke liegt.

Dann folgen wiederkehrende Motive. Einzelne Personen, deren direkte Umgebung alltäglich ist. Dahinter türmt sich aber eine unendliche Phantasiewelt auf. Hochkant gelegte Städte oder Städte, die in der Luft hängen. Oder zwei Städte, die ineinander wachsen. Die eine von unten nach oben. Die andere von oben nach unten.

Ein Paar auf einer Bank. Im Hintergrund, über den Wolken, eine doppelte Stadt. Das ist oben das Vorschaubild links. In der kleinen Version könnte man denken, daß einfach ein See zwischen dem Paar auf der Bank und der im See gespiegelten Stadt liegt. Das größere Photo zeigt, daß es zwar einen See gibt. Darüber folgen aber Wolken - und erst dann die doppelte Stadt.

Rolltreppen, die ins Ungewisse führen. Dahinter türmen sich Städte auf, die eine wächst von links nach rechts, die andere von rechts nach links.

Ständig ist man versucht, zu sagen: "Bleib stehen". Aber sind die Gebilde hinter den Personen real oder eben nur "Imagination"?

Auf seinem Instagram-Account

graphicshot - Sergey Dryutskiy Digital Artist | Photographer

https://www.instagram.com/graphicshot/

gibt es die Bilder in der Vorschau in einem kleineren Format, damit etwas kompakter. Damit kann man sich etwas leichter einen Überblick über die dort veröffentlichten aktuell 173 Bilder verschaffen.

 

Phishing Mails an Domaininhaber angeblich vom Webspace-Hoster - korrekte Zuordnung Domain zu Hosting - angebliche Überprüfung WHOIS contact data gemäss den ICANN Guidelines

04.03.2018 22:16:40, Jürgen Auer, 9 Kommentare

Phishing-Mails werden immer besser. Das läßt sich jedenfalls heute abend feststellen.

Vorhin erhielt ich eine Mail, die "verblüffend korrekt" ausgesehen hat:

---Beginn der Mail---


From: Strato AG <service@strato.de>
Subject: Check WHOIS Data of Your Domain(s), your response is required [Ticket AB326395929]


[Strato-Logo - dazu unten mehr]

Dear customer,

The domain sql-und-xml.de is registered on your behalf at Strato AG

 

According to the guidelines of ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), we ask that you check if your current contact data in the WHOIS database is correct.


If the problem does not resolved within 5 days, the domain has to be set on 'hold', which means it will not be usable regularly.

Note: If your data is correct, you will not have to do anything. If your contact data needs to be updated, you can change it in your Customer Service Area.

The purpose of the WHOIS database is to provide the contact details of domain registrants. These contact details are important if there are technical issues caused by a domain or its usage or if an infringement caused by the domain can be found.

Note: According to the current rules and regulations of ICANN which you confirmed with your registration, providing inaccurate contact details may cause the removal of your domain name.

Please read our General Terms and Conditions.

 


Thank you for your attention to this matter. We appreciate your cooperation and look forward continuing to improve the security of your account.

 

Kind regards,


STRATO AG | Hosting Security
________________________________________
E-Mail: service@strato.com
Website: http://www.strato.com
________________________________________
STRATO AG
Pascalstraße 10
10587 Berlin, Allemagne
________________________________________
Supervisory Board: Vicente Vento
Directory: Dr. Christian Böing (Presidency), Christoph Steffens,
René Wienholtz
Tribunal d'immatriculation : Berlin Charlottenburg HRB 79450

---Ende der Mail---

 

Sprich: Die Domain sql-und-xml.de sei von Strato für mich registriert. Es müsse überprüft werden, ob meine WHOIS-Daten korrekt seien. Wenn das nicht innerhalb von 5 Tagen passiert, wird die Domain auf "hold" gesetzt und kann nicht mehr regulär verwendet werden. Wenn die Daten korrekt seien, müsse ich nichts tun. Sind sie falsch, sollte ich sie ändern. Hier der Link zur "Customer Service Area".


Dazu zunächst die folgende technische Vorbemerkung: Die sql-und-xml.de ist meine Domain. Sie liegt zwar (wie man sich anhand der Nameserver-Einträge leicht herleiten kann) bei INWX. Der Webspace zeigt aber auf den bei Strato angemieteten dezidierten Webserver, auf dem meine Dienstleistung Server-Daten (und der hiesige Blog) läuft. Server-Daten und die sql-und-xml.de teilen sich denselben Server, damit auch dieselbe IP-Adresse. Wenn der Webspace für eine Domain bei Strato liegt, dann liegt in den allermeisten Fällen auch die Domain bei Strato.

Insofern dürften diverse Leute, die so eine Mail bekommen, zunächst denken, daß die Mail korrekt ist.

Das Logo oben und die Wörter "Customer Service Area" sind als Link unterlegt. Der Link geht auf

http://ican-and-support.com/?[es folgt eine lange Zufallszeichenfolge]

Das ist die eigentliche Phishing-Seite, die hier sogar unverschlüsselt ist. Mit einem Letsencrypt-Zertifikat wäre aber auch eine kostenlose Verschlüsselung möglich.

Die Mail kam laut Header von:

Received: from mpo.abchi.xyz (mpo.abchi.xyz [69.197.153.140])

Die IP ist in den USA beheimatet. Die Mail dürfte also mit Sicherheit nicht von Strato verschickt worden sein. Extrem interessant ist der Link, über den das Bild (ein korrektes, wenn auch womöglich veraltetes Strato-Logo) geladen wurde.

http://blogpirat.de/wp-content/uploads/2011/07/strato-logo.jpg

Entweder gibt es einen uralten Artikel vom Juli 2011, bei dem dieser "Blogpirat" etwas zu Strato geschrieben und das Logo dafür genutzt hat. Oder die Website ist gehackt worden und das Logo ist mit einem alten Datum zur Tarnung vom Versender der Phishing-Mails hochgeladen worden.

Eine Überprüfung des Blogs ergab, daß es dort tatsächlich einen Artikel vom Juli 2011 zu Strato gibt. Allerdings wird in diesem Artikel das Logo nicht genutzt.

Bei der Mail fällt auf, daß laut Impressum Vicente Vento nicht mehr Vorsitzender des Aufsichtsrats ist. Ferner gibt es einen merkwürdigen Mix zwischen englisch und französisch: Berlin, Allemagne, Tribunal d'immatriculation. Als ob die Phisher französischsprachig seien und mit dem Begriff "Registergericht" aus dem Strato-Impressum nicht so richtig klargekommen sind. Dann blieb es eben beim französischen Begriff.

Mit anderen Worten: Wer die Mail nur kurz überfliegt, der denkt, daß die Mail korrekt ist und daß er sich mal schnell einloggen sollte, um die Daten zu überprüfen. Und schon hat der Phisher Zugangsdaten.

Ansonsten: Ich habe seit langem verschiedene Domains. Solche Mails, daß man die WHOIS contact - Daten überprüfen möge, habe ich bislang noch nie erhalten oder bin diesen gefolgt. Allerdings gibt es natürlich immer mehr Leute, die Domains registrieren. Diesen fehlt das technische Wissen. Schon werden Zugangsdaten abgefischt.

Fazit: Die Mail ist eine Phishing-Mail. Bitte ignorieren. Allerdings ist das eine "verflixt gut gemachte Phishing-Mail". Da könnten einige drauf reinfallen.

 

W350 - ein 350 Meter hohes Holz-Hochhaus in Tokio - Sumitomo Forestry plant das mit dem Architekturunternehmen Nikken Sekkei - Fertigstellung 2041 zum 350-jährigen Firmenjubiläum

03.03.2018 23:35:54, Jürgen Auer, keine Kommentare

Ein Hochhaus, das so hoch ist, wie das Unternehmen alt ist. Wenn man da an Internetunternehmen denkt, dann wären das alles sehr flache Häuschen.

Ganz anders das, woran das japanische Architekturunternehmen Nikken Sekkei inzwischen zusammen mit dem Unternehmen Sumitomo Forestry als Auftraggeber arbeitet.

Das Unternehmen wird im Jahr 2041 sein 350-jähriges Firmenjubiläum feiern. Und will zu diesem Zeitpunkt ein größtenteils aus Holz gebautes Hochhaus fertigstellen. Das folglich eine Höhe von 350 Metern haben soll - und deshalb als W350 abgekürzt wird.
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Japan to Build 350-Meter Wooden Skyscraper

http://www.spoon-tamago.com/2018/02/11/japan-w350-wooden-skyscraper/

Ein PDF bei Sumitomo Forestry: Changing Cities into Forests: Creating Environmentally - Friendly and Timber - Utilizing Cities - New Development Concept W350 Plan for Wooden High - Rise Building

http://sfc.jp/english/news/pdf/20180214_e_01.pdf

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Holz habe für das städtische Bauen lange als strukturell unsicher gegolten, anfällig für ein Verrotten und brennbar.

Aber inzwischen hätte sich die Technologie weiterentwickelt. Inzwischen gibt es sehr stabile und feuerfeste Hölzer. Holz kehrt damit als Baumaterial in die Städte zurück.

Damit der Plan: Zum 350-jährigen Unternehmensjubiläum ein 350 Meter hohes Holzhochhaus. Das wäre damit auch das höchste Hochhaus in Japan. Aktuell belegt ein 300 Meter hohes Gebäude den Spitzenplatz.

Das W350 soll als Mix von 90:10 aus Holz und Stahl entstehen. 350 Meter Höhe, 70 Stockwerke. Auf einer Grundfläche von 6.500 Quadratmetern soll eine Gesamtfläche von 455.000 Quadratmetern entstehen. Eine Mischnutzung ist angedacht: Läden, Büros, Hotels und Wohnungen.

Außen sollen an allen vier Seiten Balkone entstehen.

> The balcony part gives the high-rise building a space in which people can enjoy fresh outside air, rich natural elements and sunshine filtering through oliage. The greenery connects from the ground to the top floors through the balcony part, and it offers a view of biodiversity in an urban setting.

Auf den Balkonen soll es Bäume und viel Grün geben. So daß dies die Luft in der Stadt verbessert und Platz für Insekten und andere Tiere schafft.

Innen soll nur Holz zu sehen sein. Der Stahl wird zur Versteifung der Röhrenstruktur genutzt:

> Brace tube structure: A structural system composed of braced tubes made from columns, beams and braces. A brace is diagonally inserted into the incorporated framework assembled by columns and beams to prevent deformation of the building due to lateral forces such as earthquakes or wind.

185.000 Kubikmeter Holz sollen verbaut werden.

Die Ziele:

> Symbiosis with the Global Environment

Städte sollen in Wälder transformiert werden. Solche Gebäude sind gut für die Pflanzen und die Menschen, die dort leben und arbeiten. Die Zahl der Holzhäuser in den Städten wächst (zumindest in Japan).

> Buildings that are full of greenery will form a network that is linked to the biosphere of living creatures such as wild birds and insects, contributing to the biodiversity of cities.

Zum Schluß des PDF-Dokuments taucht dieser Satz erneut auf: “Change Cities into Forests.”

Ein spannendes Projekt. Beim Lesen hat man den Eindruck, daß Japan in bezug auf den Einsatz von Holz in Städten schon um Dimensionen weiter ist als Deutschland.

 

Bowery - Indoor farming Company baut zweite Indoor Farm mit vertikalen Gewächshäusern und idealen Bedingungen - nah an den Kunden, damit tagesfrische Ware

02.03.2018 23:49:37, Jürgen Auer, keine Kommentare

Die Großstädte wachsen. Aber wie kann man die großstädtische Bevölkerung mit frischen Nahrungsmitteln versorgen? Das Konzept des Indoor farmings, der "Gewächshäuser mitten in der Stadt", entwickelt sich grade massiv.

Bowery, ein US-Unternehmen, baut grade die zweite Indoor Farm. Ein Prinzip: Es gibt nicht eine Ebene. Sondern mehrere Ebenen werden vertikal übereinandergestapelt.

Das zweite Prinzip: Die Beleuchtung erfolgt per LED, die das Sonnenlicht nachahmen. Pestizide werden nicht genutzt, Wasser kann sehr sparsam eingesetzt werden, Nährstoffe sind genau dosiert. Ferner ist das ein 24-Stunden-Betrieb, es gibt also keine Nachtruhe für die Pflanzen.
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The “most technologically-sophisticated commercial indoor farm in the world” will grow 30X more produce

https://inhabitat.com/most-technologically-sophisticated-commercial-indoor-farm-to-grow-30x-more-produce/

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Die Selbstbeschreibung: The

> “most technologically-sophisticated commercial indoor farm in the world.”

Interessant ist das Prinzip der "post-organic produce": Es wird quasi nach-organisch produziert. Mit einem eigenen Betriebssystem BoweryOS, das die idealen Bedingungen sicherstellen soll.

> They control the entire growing process indoors without pesticides, utilizing their fully-integrated technology system BoweryOS to generate ideal conditions, and said in information sent to Inhabitat this new farm will be “the most automated and precisely-controlled farm yet.”

Auf der Website gibt es eine Unterseite

How it works:

IDEAL CONDITIONS GROW THE PUREST PRODUCE

http://boweryfarming.com/how-it-works

Ideale Bedingungen (die es "natürlich" so gar nicht gibt) lassen die pursten Produkte wachsen.

Ein Gedanke ist, daß diese vertikalen Indoor Farmings nahe bei den Kunden gebaut werden. So daß die Ware heute geerntet und spätestens 24 Stunden später gegessen wird. Die "idealen Bedingungen" bedeuten auch: Keine Temperaturrisiken, kein Wassermangel, keine Tiere.

> Our controlled indoor growing environment allows us to grow the purest vegetables possible year round, with absolutely no pesticides.

Präzise, auf Daten beruhende Wasser- und Nährstoffvergabe. Nicht per "Augenmaß".

> By meticulously monitoring the growing process and capturing a tremendous amount of data along the way, we’re able to remove the age old reliance on “eyeballing.” We can give our crops exactly what they need and nothing more -- from nutrients and water to light.

Die Pflanzen bekommen genau das, was sie benötigen. Nicht mehr. Nährstoffe, Wasser und Licht. U.a. wird damit 95 % weniger Wasser als mit traditionellen Anbautechniken verbraucht.

> Our crop cycles are much faster and more frequent than traditional agriculture. The more we grow, the more data we collect, allowing us to optimize and automate key parts of the process.

Ein 24-Stunden-Tag mit Licht ermöglicht natürlich ein weitaus schnelleres Wachsen. In dem Artikel ist von einem doppelt so schnellen Ernterhythmus die Rede

Geerntet wird auch nicht nach "Augenmaß", sondern aufgrund von Daten. Damit ist sichergestellt, daß der beste Zeitpunkt gewählt wird.

> Once it’s picked, Bowery produce reaches stores and restaurants within a day, unlike traditional produce which can take weeks.

Die schnelle Anlieferung sorgt dafür, daß die Ware gar nicht groß verderben kann.

Wenn man sich die angebotene Ware ansieht:

http://boweryfarming.com/our-produce

Grünkohl, Salatmischung, Kopfsalat, Rucola, eine Grünkohl-Mischung, Basilikum.

> They also say they can offer their greens at competitive prices since they own the process from seed to store.

Der Preis sei konkurrenzfähig, weil das Unternehmen den ganzen Prozess vom Aussäen bis zur Auslieferung selbst kontrolliert.

Das Prinzip wird hier nochmals zusammenfassend dargestellt:

Why Bowery

http://boweryfarming.com/why-bowery

Die Weltbevölkerung wächst. Damit müssen sehr viel mehr Personen mit Nahrung versorgt werden.

> The future of farming

> At Bowery, we’re re-thinking what agriculture looks like in a world where water is scarce, people live in cities, and we’re waking up to the dangers of pesticides and other chemicals. Our post-organic produce comes from a growing process that not only has a positive impact on our health, but the health of the world around us.

In einer Welt, wo das Wasser knapp ist, Leute in Städten leben und es Risiken durch Pestizide und andere Chemikalien gibt: Da ist diese post-organische Produktion etwas, das nicht nur für unsere Gesundheit gut ist, sondern auch für die Gesundheit der Welt um uns herum.

 

Bundesfinanzhof: National und international tätiger Fussballschiedsrichter ist gewerblich tätig - Einsatz im Ausland begründet keine ausländische Betriebsstätte - I R 98/15

01.03.2018 23:53:35, Jürgen Auer, keine Kommentare

Wenn ein Fussballschiedsrichter bei Spielen im Inland und Ausland eingesetzt wird: Wie sind dann seine Einnahmen zu behandeln? Ist er selbständig, angestellt? Und bei den ausländischen Einsätzen? Begründet er damit eine Betriebsstätte oder unterliegen bei einer gewerblichen Tätigkeit diese im Ausland erzielten Einnahmen der Gewerbesteuer?

Der Bundesfinanzhof hat sich im Dezember 2017 mit so einem Fall beschäftigt.
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Die Pressemitteilung: Einkünfte eines national und international tätigen Fußballschiedsrichters: Gewerblichkeit und abkommensrechtliche Behandlung - Urteil vom 20.12.2017 I R 98/15

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2018&nr=35700&pos=0&anz=12

Das Urteil: BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.12.2017, I R 98/15, ECLI:DE:BFH:2017:U.201217.IR98.15.0

Einkünfte eines national und international tätigen Fußballschiedsrichters: Gewerblichkeit und abkommensrechtliche Behandlung

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2018&anz=12&pos=0&nr=35706&linked=urt

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Die Leitsätze aus dem Urteil:

> 1. Fußballschiedsrichter sind selbständig tätig und nehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil.
> 2. Ein international tätiger Schiedsrichter begründet am jeweiligen Spielort keine Betriebsstätte.
> 3. Bei den von Schiedsrichtern erzielten Einkünften handelt es sich nicht um solche eines Sportlers.

Der Kläger war in den Streitjahren 2001 - 2003 als Fussballschiedsrichter sowohl national als auch im Ausland tätig. Dort leitete er sowohl Spiele bei der FIFA-Weltmeisterschaft als auch Spiele bei der UEFA. Teils zur Europameisterschaftsqualifikation, teils in der UEFA Champions-League und des UEFA Cups.

Das Finanzamt hatte Gewerbesteuer festgesetzt. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte der dagegen gerichteten Klage stattgegeben und die Festsetzung der Gewerbesteuer mit Urteil vom 18. Juli 2014 1 K 2552/11 aufgehoben. Die dagegen gerichtete Revision führte zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage.

Die Begründung (aus der PM): Es gibt eine selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht. Damit ist das ein Gewerbebetrieb.

> Die Schiedsrichtertätigkeit begründet steuerrechtlich einen Gewerbebetrieb, weil eine selbständige nachhaltige Betätigung vorliegt, die in Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird.

Zwar sind Zeit und Ort festgelegt. Das begründet aber keine Anstellung:

> Dabei folgt die Selbständigkeit daraus, dass ein Schiedsrichter bei der Einkünfteerzielung auf eigene Rechnung und Gefahr tätig ist und Unternehmerinitiative entfalten kann; ein „Anstellungsverhältnis“ liegt nicht vor, auch wenn (nach der Zusage, die Spielleitung zu übernehmen) die Tätigkeit hinsichtlich des Ortes und der Zeit im Rahmen der Ansetzung zu den einzelnen Spielen durch die Fußball-Verbände bestimmt wird.

Denn innerhalb des Spiels (das ist die Haupttätigkeit) gibt es keine Weisungsbefugnis eines Verbandes als Arbeitgeber:

> Jedenfalls besteht während des Fußballspiels (als Schwerpunkt der Tätigkeit) keine Weisungsbefugnis eines Verbands. Nicht zuletzt entspricht die Tätigkeit des Klägers ihrer Art und ihrem Umfang nach dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme; die Anzahl der Vertragspartner ist hierbei unerheblich. Deshalb kann sich aus Sicht des BFH bereits die Schiedsrichtertätigkeit für einen (einzigen) Landes- oder Nationalverband (wie etwa den Deutschen Fußball-Bund e.V.) bei der gebotenen Gesamtbetrachtung als unternehmerische Marktteilnahme darstellen.

Das Urteil betrifft an diesem Punkt also bereits alle, die als Schiedsrichter tätig sind. Auch dann, wenn sie nur im Inland eingesetzt sind.

Damit stellt sich die Frage der Betriebsstätte bei Einsätzen im Ausland: Eine solche gibt es aber nicht. Ein Schiedsrichter hat nur eine einzige Betriebsstätte, nämlich seine inländische Wohnung.

> Der BFH macht auch deutlich, dass der Kläger nur eine einzige Betriebsstätte hatte, nämlich in seiner inländischen Wohnung als Ort der „Geschäftsleitung“.

An den Spielorten unterhält der Schiedsrichter dagegen keine eigenständigen Anlagen, also kann es dort auch keine Betriebsstätte geben.

> An den Spielorten (in der jeweiligen Schiedsrichterkabine) unterhält er hingegen keine „feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient“ und damit auch keine Betriebsstätte.

Dann war noch streitig, ob die körperliche Tätigkeit die Einstufung als Sportler nach sich zieht. Aber trotz der im Vergleich zu manchen anderen Schiedsrichtertätigkeiten hohen körperlichen Betätigung ist das kein Sport:

> Schließlich ist das innerstaatliche (nationale) Besteuerungsrecht auch nicht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausgeschlossen. Auch wenn sich der Fußballschiedsrichter (im Gegensatz zu Schiedsrichtern mancher anderer Sportarten) bei der Berufsausübung körperlich betätigt, übt er keine Tätigkeit „als Sportler“ aus; zwar wird seine Tätigkeit von den Zuschauern des Fußballspiels wahrgenommen, sie ermöglicht aber lediglich anderen Personen (den Spielern), diesen sportlichen Wettkampf zu bestreiten. Damit ist die Besteuerung abkommensrechtlich nicht dem (ausländischen) Tätigkeitsstaat vorbehalten.

Das Urteil stellt zunächst eine gewerbliche Tätigkeit fest. Ferner handelt es sich um eine selbständige Tätigkeit. Dazu RN 18 bb):

> Hierfür spricht zunächst, dass der Kläger nicht für eine fest bestimmte Arbeitszeit, sondern für seine Schiedsrichtertätigkeit im Rahmen der von dem jeweiligen Verband angesetzten Spiele vergütet wurde. Zudem trug der Kläger das Vermögensrisiko für Ausfallzeiten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534). Denn wenn er von den Verbänden nicht nominiert wurde, erkrankt war oder aus sonstigen Gründen nicht zur Verfügung stand, bestand kein Anspruch auf Zahlung. Ebenso bestand kein Anspruch auf bezahlten Urlaub. Insbesondere erhielten die in der Fußball-Bundesliga eingesetzten Schiedsrichter --jedenfalls in den Streitjahren-- neben den Vergütungen für die geleiteten Spiele keine laufenden Zahlungen seitens des Deutschen Fußball-Bunds (DFB). Zudem müssen Fußballschiedsrichter die ihnen entstehenden Aufwendungen selbst tragen. Damit trug der Kläger das alleinige Gewinn- und Verlustrisiko aus seiner Schiedsrichtertätigkeit ("Unternehmerrisiko").

Hier die Leistung "Schiedsrichtertätigkeit", dort das Geld. Kein Urlaub, kein Krankheitsgeld, keine regelmäßigen Zahlungen. Ob sich das rechnet, ist Entscheidung des Schiedsrichters.

Das FG hatte noch entschieden, daß der Schiedsrichter nicht am allgemeinen geschäftlichen Verkehr teilnehmen würde. Das verwarf der BFH (RN 20 d).

Da der Schiedsrichter nicht gegen andere antritt, sondern nur deren Verhalten überwacht, ist er auch nicht selbst als Sportler tätig.

Für den Schiedsrichter wurde die Geschichte teuer, da er nun die gesamten Verfahrenskosten zu tragen hatte.

 

 

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