Bundesfinanzhof: National und international tätiger Fussballschiedsrichter ist gewerblich tätig - Einsatz im Ausland begründet keine ausländische Betriebsstätte - I R 98/15
Wenn ein Fussballschiedsrichter bei Spielen im Inland und Ausland eingesetzt wird: Wie sind dann seine Einnahmen zu behandeln? Ist er selbständig, angestellt? Und bei den ausländischen Einsätzen? Begründet er damit eine Betriebsstätte oder unterliegen bei einer gewerblichen Tätigkeit diese im Ausland erzielten Einnahmen der Gewerbesteuer?
Der Bundesfinanzhof hat sich im Dezember 2017 mit so einem Fall beschäftigt.
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Die Pressemitteilung: Einkünfte eines national und international tätigen Fußballschiedsrichters: Gewerblichkeit und abkommensrechtliche Behandlung - Urteil vom 20.12.2017 I R 98/15
Das Urteil: BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.12.2017, I R 98/15, ECLI:DE:BFH:2017:U.201217.IR98.15.0
Einkünfte eines national und international tätigen Fußballschiedsrichters: Gewerblichkeit und abkommensrechtliche Behandlung
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Die Leitsätze aus dem Urteil:
> 1. Fußballschiedsrichter sind selbständig tätig und nehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil.
> 2. Ein international tätiger Schiedsrichter begründet am jeweiligen Spielort keine Betriebsstätte.
> 3. Bei den von Schiedsrichtern erzielten Einkünften handelt es sich nicht um solche eines Sportlers.
Der Kläger war in den Streitjahren 2001 - 2003 als Fussballschiedsrichter sowohl national als auch im Ausland tätig. Dort leitete er sowohl Spiele bei der FIFA-Weltmeisterschaft als auch Spiele bei der UEFA. Teils zur Europameisterschaftsqualifikation, teils in der UEFA Champions-League und des UEFA Cups.
Das Finanzamt hatte Gewerbesteuer festgesetzt. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte der dagegen gerichteten Klage stattgegeben und die Festsetzung der Gewerbesteuer mit Urteil vom 18. Juli 2014 1 K 2552/11 aufgehoben. Die dagegen gerichtete Revision führte zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage.
Die Begründung (aus der PM): Es gibt eine selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht. Damit ist das ein Gewerbebetrieb.
> Die Schiedsrichtertätigkeit begründet steuerrechtlich einen Gewerbebetrieb, weil eine selbständige nachhaltige Betätigung vorliegt, die in Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird.
Zwar sind Zeit und Ort festgelegt. Das begründet aber keine Anstellung:
> Dabei folgt die Selbständigkeit daraus, dass ein Schiedsrichter bei der Einkünfteerzielung auf eigene Rechnung und Gefahr tätig ist und Unternehmerinitiative entfalten kann; ein „Anstellungsverhältnis“ liegt nicht vor, auch wenn (nach der Zusage, die Spielleitung zu übernehmen) die Tätigkeit hinsichtlich des Ortes und der Zeit im Rahmen der Ansetzung zu den einzelnen Spielen durch die Fußball-Verbände bestimmt wird.
Denn innerhalb des Spiels (das ist die Haupttätigkeit) gibt es keine Weisungsbefugnis eines Verbandes als Arbeitgeber:
> Jedenfalls besteht während des Fußballspiels (als Schwerpunkt der Tätigkeit) keine Weisungsbefugnis eines Verbands. Nicht zuletzt entspricht die Tätigkeit des Klägers ihrer Art und ihrem Umfang nach dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme; die Anzahl der Vertragspartner ist hierbei unerheblich. Deshalb kann sich aus Sicht des BFH bereits die Schiedsrichtertätigkeit für einen (einzigen) Landes- oder Nationalverband (wie etwa den Deutschen Fußball-Bund e.V.) bei der gebotenen Gesamtbetrachtung als unternehmerische Marktteilnahme darstellen.
Das Urteil betrifft an diesem Punkt also bereits alle, die als Schiedsrichter tätig sind. Auch dann, wenn sie nur im Inland eingesetzt sind.
Damit stellt sich die Frage der Betriebsstätte bei Einsätzen im Ausland: Eine solche gibt es aber nicht. Ein Schiedsrichter hat nur eine einzige Betriebsstätte, nämlich seine inländische Wohnung.
> Der BFH macht auch deutlich, dass der Kläger nur eine einzige Betriebsstätte hatte, nämlich in seiner inländischen Wohnung als Ort der „Geschäftsleitung“.
An den Spielorten unterhält der Schiedsrichter dagegen keine eigenständigen Anlagen, also kann es dort auch keine Betriebsstätte geben.
> An den Spielorten (in der jeweiligen Schiedsrichterkabine) unterhält er hingegen keine „feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient“ und damit auch keine Betriebsstätte.
Dann war noch streitig, ob die körperliche Tätigkeit die Einstufung als Sportler nach sich zieht. Aber trotz der im Vergleich zu manchen anderen Schiedsrichtertätigkeiten hohen körperlichen Betätigung ist das kein Sport:
> Schließlich ist das innerstaatliche (nationale) Besteuerungsrecht auch nicht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausgeschlossen. Auch wenn sich der Fußballschiedsrichter (im Gegensatz zu Schiedsrichtern mancher anderer Sportarten) bei der Berufsausübung körperlich betätigt, übt er keine Tätigkeit „als Sportler“ aus; zwar wird seine Tätigkeit von den Zuschauern des Fußballspiels wahrgenommen, sie ermöglicht aber lediglich anderen Personen (den Spielern), diesen sportlichen Wettkampf zu bestreiten. Damit ist die Besteuerung abkommensrechtlich nicht dem (ausländischen) Tätigkeitsstaat vorbehalten.
Das Urteil stellt zunächst eine gewerbliche Tätigkeit fest. Ferner handelt es sich um eine selbständige Tätigkeit. Dazu RN 18 bb):
> Hierfür spricht zunächst, dass der Kläger nicht für eine fest bestimmte Arbeitszeit, sondern für seine Schiedsrichtertätigkeit im Rahmen der von dem jeweiligen Verband angesetzten Spiele vergütet wurde. Zudem trug der Kläger das Vermögensrisiko für Ausfallzeiten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534). Denn wenn er von den Verbänden nicht nominiert wurde, erkrankt war oder aus sonstigen Gründen nicht zur Verfügung stand, bestand kein Anspruch auf Zahlung. Ebenso bestand kein Anspruch auf bezahlten Urlaub. Insbesondere erhielten die in der Fußball-Bundesliga eingesetzten Schiedsrichter --jedenfalls in den Streitjahren-- neben den Vergütungen für die geleiteten Spiele keine laufenden Zahlungen seitens des Deutschen Fußball-Bunds (DFB). Zudem müssen Fußballschiedsrichter die ihnen entstehenden Aufwendungen selbst tragen. Damit trug der Kläger das alleinige Gewinn- und Verlustrisiko aus seiner Schiedsrichtertätigkeit ("Unternehmerrisiko").
Hier die Leistung "Schiedsrichtertätigkeit", dort das Geld. Kein Urlaub, kein Krankheitsgeld, keine regelmäßigen Zahlungen. Ob sich das rechnet, ist Entscheidung des Schiedsrichters.
Das FG hatte noch entschieden, daß der Schiedsrichter nicht am allgemeinen geschäftlichen Verkehr teilnehmen würde. Das verwarf der BFH (RN 20 d).
Da der Schiedsrichter nicht gegen andere antritt, sondern nur deren Verhalten überwacht, ist er auch nicht selbst als Sportler tätig.
Für den Schiedsrichter wurde die Geschichte teuer, da er nun die gesamten Verfahrenskosten zu tragen hatte.