Bundesfinanzhof: Wird Umsatzsteuervorauszahlung für Vorjahr bis zum 10. Januar gezahlt, kann diese im Vorjahr als Betriebsausgabe geltend gemacht werden - Korrektur einer BMF-Auffassung - X R 44/16
Betriebsausgaben sind grundsätzlich in dem Jahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Allerdings gibt es dafür eine übliche und bekannte Ausnahme:
Wiederkehrende Ausgaben, die bis zum 10. Januar des Folgejahres geleistet werden, wirtschaftlich jedoch zum Vorjahr gehören, können im Vorjahr geltend gemacht werden.
Das betrifft regelmäßig Umsatzsteuervorauszahlungen für das vierte Vorjahresquartal oder den Dezember im Vorjahr, die bis zum 10. Januar gezahlt werden.
Eigentlich ist das soweit klar. Es gab aber eine Unklarheit: Was ist, wenn der 10.01 auf einen Samstag oder Sonntag fällt?
Dann ist die Zahlung erst am darauffolgenden Werktag fällig, also außerhalb des 10-Tage-Zeitraums. Daraus hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Schluß gezogen, daß in diesem Fall eine Zahlung, die zwar schon davor geleistet wurde, aber erst am 11.01 oder 12.01 beim Finanzamt eingeht, zwar fristgerecht gezahlt wurde. Aber nicht mehr im Vorjahr anzurechnen sei.
Dieser Auffassung hat der Bundesfinanzhof widersprochen.
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BFH erleichtert Steuerabzug einer bis zum 10. Januar geleisteten Umsatzsteuervorauszahlung für das Vorjahr
Urteil vom 27.6.2018 X R 44/16
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Der Hauptsatz:
> Umsatzsteuervorauszahlungen, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt werden, sind auch dann im Vorjahr steuerlich abziehbar, wenn der 10. Januar des Folgejahres auf einen Sonnabend oder Sonntag fällt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 27. Juni 2018 X R 44/16 entgegen einer allgemeinen Verwaltungsanweisung entschieden.
Der Fall, mit dem so ziemlich jeder Selbständige mal konfrontiert werden könnte:
> Im Streitfall hatte die Klägerin die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 am 8. Januar 2015 geleistet und diese Zahlung unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG als Betriebsausgabe des Jahres 2014 geltend gemacht.
Da gilt das Zu- und Abflussprinzip. Wenn sie die Umsatzsteuervorauszahlung überweist, hat sie (1) einen Beleg dafür und kann (b) nicht mehr über das Geld verfügen. Das Geld ist für sie also weg. Allerdings:
> Das FA meinte demgegenüber, diese Vorschrift sei nicht anzuwenden. Die Klägerin habe zwar innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, die Umsatzsteuervorauszahlung müsse aber auch innerhalb dieses Zeitraums fällig gewesen sein. Daran fehle es. Die Vorauszahlung sei wegen § 108 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) nicht am Sonnabend, dem 10. Januar 2015, sondern erst an dem folgenden Montag, dem 12. Januar 2015 und damit außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums fällig geworden.
Die Zahlung war rechtzeitig. Aber die Fälligkeit habe sich aus dem 10-Tage-Zeitraum "herausverschoben".
Die Klägerin bekam nun den Betriebsausgabenabzug für 2014. Denn:
> Auch wenn man fordere, dass die Umsatzsteuervorauszahlung innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums fällig sein müsse, sei diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt. Denn bei der Ermittlung der Fälligkeit sei allein auf die gesetzliche Frist des § 18 Abs. 1 Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes abzustellen, nicht hingegen auf eine mögliche Verlängerung der Frist gemäß § 108 Abs. 3 AO.
Die Zahlung mußte innerhalb von 10 Tagen erfolgen. Daß diese sich ausnahmsweise (weil der 10. auf einen Samstag oder Sonntag fiel) nach hinten verschieben durfte, war dabei unerheblich.
Laut dem Urteil
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 27.6.2018, X R 44/16 - ECLI:DE:BFH:2018:U.270618.XR44.16.0
hatte bereits das Finanzgericht der Klage stattgegeben.
Wer ähnliche Konstellationen von sich her kennt: Die Pressemitteilung weist darauf hin, daß damit eine Verwaltungsauffassung korrigiert worden sei.
> Mit seiner Entscheidung wendet sich der BFH gegen die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2017 § 11 EStG H 11, Stichwort Allgemeines, "Kurze Zeit"). Das Urteil ist immer dann von Bedeutung, wenn der 10. Januar auf einen Sonnabend oder Sonntag fällt, das nächste Mal somit im Januar 2021.
Wer also einen noch offenen Bescheid hat, bei dem es eine analoge Konstellation gibt, der möge sich das genauer ansehen.