Bundesfinanzhof bezweifelt Umsatzsteuerbefreiung für medizinische Hotline - Vorabentscheidungsersuchen zum EuGH - XI R 19/15

26.01.2019 23:57:54, Jürgen Auer, keine Kommentare

Die Berufswelt entwickelt sich weiter. Alte Berufe werden hinfällig, neue entstehen. Damit entwickeln sich auch neue Fragestellungen.

Eine solche neue Frage hat nun der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vorgelegt.
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Umsatzsteuerbefreiung für medizinische Hotline bei Gesundheitstelefon und Patientenbegleitprogrammen zweifelhaft - Beschluss vom 18.9.2018 XI R 19/15

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2019&nr=39033&pos=0&anz=3

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Heilbehandlungen sind innerhalb der EU umsatzsteuerfrei. Aber wenn eine GmbH im Auftrag von Krankenkassen telefonische Beratungen durchführt: Gilt das als Heilbehandlung oder nicht?

Der konkrete Fall:

> Im Streitfall betrieb die Klägerin im Auftrag gesetzlicher Krankenkassen ein sog. Gesundheitstelefon zur Beratung von Versicherten in medizinischer Hinsicht. Sie führte zudem Patientenbegleitprogramme durch, bei denen bestimmte Versicherte auf der Basis von Abrechnungsdaten und Krankheitsbildern über eine medizinische Hotline situationsbezogene Informationen zu ihrem Krankenbild erhielten.

Wer führte diese Tätigkeiten aus? Jedenfalls meistens keine Ärzte:

> Die telefonischen Beratungsleistungen wurden durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte erbracht, die größtenteils auch als „Gesundheitscoach“ ausgebildet waren. In ca. einem Drittel der Fälle wurde ein Arzt hinzugezogen, der die Beratung übernahm bzw. bei Rückfragen Anweisungen oder eine Zweitmeinung erteilte.

Die Klägerin war laut Vorspann eine GmbH.

Der Beschluß

BUNDESFINANZHOF Beschluss (EuGH-Vorlage) vom 18.9.2018, XI R 19/15 - ECLI:DE:BFH:2018:VE.180918.XIR19.15.0

EuGH-Vorlage zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung medizinischer Telefonberatung

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2019&anz=3&pos=0&nr=39042&linked=ant

nennt diverse Beispiele für die erbrachten Beratungsdienstleistungen. Dabei handelte es sich aber auch bsp. nur um den Hinweis, welche weiteren Ärzte es zu einem Thema in der Nähe gibt.

Die Klägerin hatte das als Heilbehandlung eingestuft, folglich umsatzsteuerfreie Umsätze angemeldet. Das Finanzamt war anderer Meinung und setzte Umsatzsteuervorauszahlungen fest. Das angerufene Finanzgericht wies die Klage ab.

> Es führte aus, die telefonischen Beratungsleistungen der Klägerin seien nicht als ärztliche Heilbehandlungen von der Umsatzsteuer befreit. Die im Rahmen des Gesundheitstelefons erteilten Informationen beruhten nicht auf medizinischen Feststellungen, die von entsprechendem Fachpersonal getroffen worden seien, sondern allein auf den Angaben des Anrufers zu dem Krankheitsbild, zu dem dieser sich habe weiter informieren wollen, sei es zur Art der Diagnose, der Behandlungsmöglichkeiten oder der Präventionsmaßnahmen.

Lediglich etwa 60 - 70 % der Anfragen standen im Zusammenhang mit einer vorherigen Krankheitsdiagnose. Es hätte keine Ferndiagnosen, sondern lediglich weitergehende Informationen oder Auskünfte zu Diagnosen gegeben. Ferner hätten die Beratungsdienstleistungen keinen therapeutischen Zweck, der sei aber für eine Anerkennung erforderlich. Schließlich seien weder Leistungen ärztlich verordnet noch im Rahmen individueller Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt worden.

Der Bundesfinanzhof vertritt die Meinung, daß die Leistungen eher nicht steuerfrei seien und schloß sich im wesentlichen der Argumentation des Finanzgerichtes an. Da es sich aber um die Frage der Auslegung einer EU-Richtlinie handelt, ging das weiter zum Europäischen Gerichtshof.

 

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