Bundesfinanzhof: Unbelegte Brötchen mit einem Heissgetränk sind kein Frühstück, sondern nicht steuerbare Aufmerksamkeiten - damit keine Lohnsteuer - VI R 36/17

26.09.2019 23:48:04, Jürgen Auer, keine Kommentare

Wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Nahrungsmittel zur Verfügung stellen oder es bsp. eine kostenlos nutzbare Betriebskantine gibt, dann wird das schnell kompliziert. Dann kann das zum "geldwerten Vorteil" für die Mitarbeiter werden, der als Arbeitslohn zu behandeln ist und folglich lohnsteuerpflichtig ist.

Wenn das für die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung gilt, dann gilt das natürlich auch für Nahrungsmittel oder für Mahlzeiten in Restaurants.

Aber wie ist das, wenn der Arbeitgeber bsp. "nur" Kaffee und andere Heißgetränke zur Verfügung stellt? Bisher war ich davon ausgegangen, daß sich daraus ebenfalls irgendeine steuerliche Konsequenz für die Angestellten ergibt.

Der Bundesfinanzhof hat allerdings in einem Urteil eine gegenteilige Auffassung vertreten. Und sogar die - regelmäßige - Bereitstellung von Kaffee und unbelegten Brötchen als nicht steuerbare Aufmerksamkeiten bewertet.
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Unbelegte Brötchen mit einem Heißgetränk sind kein Frühstück - Urteil vom 3.7.2019 VI R 36/17

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2019&nr=41998&pos=2&anz=60

Das Urteil:

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 3.7.2019, VI R 36/17 - ECLI:DE:BFH:2019:U.030719.VIR36.17.0

Anforderungen an einen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug in Form eines Frühstücks

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2019&anz=60&pos=2&nr=42019&linked=urt

Die zwei Leitsätze:

> 1. Stellt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereit, handelt es sich bei den zugewandten Vorteilen grundsätzlich nicht um Arbeitslohn, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten.
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> 2. Unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot mit einem Heißgetränk stellen kein Frühstück i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SvEV dar. Für die Annahme eines (einfachen) Frühstücks muss jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten.

Das ist ein Unternehmen, das EDV-Dienstleistungen erbringt, Software entwickelt und Schulungen anbietet. Es wurden täglich (strittig waren drei Jahre von 2008 - 2011) diverse Brötchen verschiedenster Art

> (Laugenbrötchen, Käsebrötchen, Käse-Kürbis-Brötchen, Rosinenbrötchen, Schokobrötchen, Roggenbrötchen etc.) sowie Kroamstuten

gekauft und Mitarbeitern, Kunden und Schulungsteilnehmern zum sofortigen Verzehr zur Verfügung gestellt. Hinzu kam ein Heißgetränkeautomat, der ganztägig von denselben Personen genutzt werden konnte.

Die Arbeit begann um 08:00. Zwischen 09:30 und 11:00 gab es eine halbstündige Pause, die allerdings Arbeitszeit war. Da sollten die Mitarbeiter miteinander ins Gespräch kommen, in diesem Zeitraum wurde das meiste verzehrt.

Es gab eine Außenprüfung, der Prüfer behandelte das als Frühstück, das sei mit den amtlichen Sätzen zu versteuern. Das Finanzamt sah das genauso, dagegen erfolgloser Widerspruch und erfolgreiche Klage. Die nun vom Bundesfinanzhof bestätigt wurde.

Das Urteil behandelt zwei verschiedene Fragen.

1. Die kostenlose Überlassung von Heißgetränken und Brötchen sei zwar ein Vorteil. Das sei jedoch keine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft. Die Überlassung gab es nur zum sofortigen Verzehr, alle Arbeitnehmer konnten das nutzen. Ferner fand der Verzehr nicht in "richtigen Pausen", sondern während der Arbeitszeit statt.

Deshalb ist das mit

> Aufwendungen des Arbeitgebers zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und zur Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen vergleichbar, denen keine Entlohnungsfunktion zukommt.

Analog war schon davor die unentgeltliche Überlassung von Getränken keine steuerbare Aufmerksamkeit, damit nicht lohnsteuerpflichtig.

2. Mahlzeiten führen grundsätzlich zu Arbeitslohn und sind zu versteuern. Ein Heißgetränk und ein "trockenes Brötchen" sei jedoch kein Frühstück, damit keine Mahlzeit. Da müsse mindestens ein Aufstrich oder Belag dazu kommen. Die Art der Brötchen sei jedoch unerheblich.

Das Finanzamt verwies auf "neue Gewohnheiten". Das überzeugte den BFH aber nicht:

> Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des FA, aufgrund veränderter Essgewohnheiten könne schon ein Kaffee (to go) und ein unterwegs verzehrtes unbelegtes Brötchen als Frühstück angesehen werden. Es handelt sich hierbei vielmehr um einzelne Lebensmittel, die erst durch Kombination mit weiteren Lebensmitteln (z.B. Butter, Aufschnitt, Käse oder Marmelade) zu einem Frühstück werden.

Fazit: "Nur Kaffee/Tee" und trockene Brötchen während der Arbeit sind jedenfalls kein Arbeitslohn. Unternehmer können das also ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellen, ohne das bei der Lohnsteuer berücksichtigen zu müssen.

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