Stirling Prize 2019: Goldsmith Street Social Housing in Norwich from Mikhail Riches - Architekturpreis für Sozialwohnungen in Norwich, die den Passivhaus-Standard erfüllen - Mikhail Riches und Cathy Hawley

13.10.2019 23:50:44, Jürgen Auer, keine Kommentare

In Großbritannien hat es in der vergangenen Woche eine interessante Entscheidung gegeben. Der Stirling Prize 2019 wurde verliehen. Er ist benannt nach dem Architekten James Stirling und gilt als der bedeutendste Architekturpreis in Großbritannien. Verliehen wird er vom Royal Institute of British Architects (RIBA). Der Preisträger muß RIBA-Mitglied sein, das Gebäude muß sich in der EU befinden.

Den Preis erhält

> "der Architekt des Gebäudes, welches den größten Beitrag zur britischen Architektur des Vorjahres darstellt."

Ausgezeichnet wurde nicht etwa die Macallan Distillery oder das Cork House (beide waren Thema in älteren Beiträgen). Sondern ein Projekt für Sozialwohnungen in der Goldsmith Street in Norwich. Auftraggeber war "Norwich City Council", also die Stadt Norwich.
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Mikhail Riches' Goldsmith Street social housing wins Stirling Prize 2019

https://www.dezeen.com/2019/10/08/stirling-prize-2019-winner-goldsmith-street-social-housing/

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Das sind Niedrigenergiehäuser, die den Standard von Passivhäusern erfüllen.

Der RIBA-Präsident Alan Jones spricht von einem "beacon of hope".

> "Faced with a global climate emergency, the worst housing crisis for generations and crippling local authority cuts, Goldsmith Street is a beacon of hope," he said. "It is commended not just as a transformative social housing scheme and eco-development, but a pioneering exemplar for other local authorities to follow."

Angesichts einer globalen Klimakrise, der schlimmsten Wohnungsnot seit Generationen und lähmenden Kürzungen durch lokale Behörden, sei die Goldsmith Street ein Hoffnungsschimmer.

Es wird nicht nur als transformierendes soziales Wohnungsbauprojekt gewürdigt, sondern es ist auch ein wegweisendes Beispiel, dem andere Gemeinden folgen sollten.

Die Goldsmith Street ist in der Nähe des Stadtzentrums von Norwich zu finden. Sie soll eine erschwingliche Alternative zu Wohnblöcken mit hoher Dichte sein.

Das sind 7 Reihenhäuser in vier Reihen, insgesamt 45 Häuser und 60 Wohnungen. Auf einer Fläche von weniger als einem Hektar.

Jedes Haus ist nach Süden ausgerichtet, damit die Sonnenergie maximal genutzt wird. Ferner erfüllt es die Regeln für Passivhäuser.

Mehr als ein Viertel des Geländes ist als öffentlicher Raum konzipiert. Einschließlich einer offenen Gasse, die sich in der Mitte durchzieht und die sowohl als Gemeinschaftsgarten als auch als sicherer Spielplatz für Kinder dient.

Die Jury beschreibt das Projekt als "a modest masterpiece", als ein "bescheidenes Meisterstück".

> "It is high-quality architecture in its purest most environmentally and socially-conscious form. Behind restrained creamy facades are impeccably detailed, highly sustainable homes – an incredible achievement for a development of this scale," the jury added.

Es ist qualitativ hochwertige Architektur in ihrer reinsten Form. Hinter zurückhaltenden, cremefarbenen Fassaden stecken makellos detaillierte, höchst nachhaltige Häuser. Eine unglaubliche Leistung für eine Entwicklung in dieser Größenordnung.

Das ist das erste Mal, daß ein Projekt für Sozialwohnungen den Stirling Prize gewinnt.

In einem späteren Artikel

Architects celebrate Goldsmith Street's Stirling Prize win as a "game changer"

https://www.dezeen.com/2019/10/09/goldsmith-street-stirling-prize-reactions-twitter-news/

ist die Rede davon, daß verschiedenste Architekten die Entscheidung auf Twitter gefeiert hätten.

> It has been widely celebrated as a significant moment in the 23-year-history of the prize, with TV architect George Clarke hailing it as "a game changer".

Die Entscheidung als "game changer". Das Projekt demonstriert, daß Sozialwohnungen eine hohe architektonische und ökologische Qualität erreichen können und trotzdem erschwinglich sein können. Da das Passivhäuser sind, sind die Nebenkosten relativ gering.

Bei

Goldsmith street wins RIBA stirling prize 2019

https://www.architecture.com/awards-and-competitions-landing-page/awards/riba-stirling-prize

gibt es ein kleines Video von den Häusern. Ganz am Anfang gibt es einen kleinen Blick von oben.

Die Heizkosten dürften um 70 % unter den üblichen Werten liegen.

Auf

Goldsmith Street

https://www.architecture.com/awards-and-competitions-landing-page/awards/riba-regional-awards/riba-east-award-winners/2019/goldsmith-street

finden sich ganz unten zwei interessante Skizzen.

Die erste Skizze zeigt den Gesamtplan der Anlage.

Die zweite Skizze erläutert die Dachform, die auf den ersten Blick merkwürdig asymmetrisch erscheint. Die Häuser sind alle nach Süden ausgerichtet. Die Dachform ist so, daß im Winter die niedrig stehende Sonne nicht vom Dach des Hauses davor "eingefangen" wird, so daß nur das Dach geheizt wird. Stattdessen bleiben die flachen Sonnenstrahlen über dem Dach und treffen das Erdgeschoss des Hauses dahinter.

Den gegenteiligen Effekt sieht man oft hier in Berlin. Im Winter kommt die Sonne nur noch zu den weit oben liegenden Wohnungen typischer Hausblöcke. Die Wohnungen in den ersten Stockwerken liegen im Winter völlig im Dunkeln, da sie von den Hausblöcken auf der gegenüberliegenden Straßenseite verschattet werden. Und sind entsprechend kühl.

 

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